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Mit Technik das Klima retten? Chancen – Risiken – Illusionen

Marxistische Blätter 1_2025

von Lothar Geisler (Leitende:r Herausgeber:in)
©2025 160 Seiten
Reihe: Marxistische Blätter, Band 1_2025

Zusammenfassung

Einwurf von Links


Die Qual der Wahl


Lothar Geisler


Aus politischer Verantwortung und/oder eigener Schwäche das »kleinere (sozialdemokratische) Übel« zu wählen, hat eine lange kommunistische Tradition. Von der kurzen Nachkriegszeit bis zum KPD-Verbot und dem goldenen Jahrzehnt der Reform- und Entspannungspolitik mal abgesehen. Die großen Übel stehen für klassenbewusste Arbeitende natürlich nie zur Wahl: der schwarze Club Der Unternehmer (früher Deutschland AG, heute BlackRock& Co) oder die gelben Marktradikalinskis und Kanzlerkiller. Von grünen Bellzist:innen und blau-braunen »Alternativen« ganz zu schweigen.


Wobei: das »kleinere Übel« ist im Lauf der Jahrzehnte in mehrfacher Hinsicht immer größer geworden. Auch zahlenmäßig. Denn 2025 stehen gleich drei (!) sozialdemokratische Varianten auf dem Wahlzettel zum Bundestag. Und ich habe ehrlich gesagt in meinem persönlichen Umfeld noch nie soviel Unzufriedene erlebt, unzufrieden nicht nur mit dem Zustand unseres Landes und der Welt, sondern unzufrieden mit der eigenen Partei, deren ehemalige Hoffnungsträger allesamt verblasst und verbraucht sind. Man möchte fast rufen: »Unzufriedene Sozialdemokrat:innen aller Parteien vereinigt euch!« Wird so schnell nicht klappen. Bleibt 2025 die Qual der Wahl.


Die »alte Tante SPD«– mittlerweile inhaltlich total entkernt– will mit mehr »kämpferischer Optik« aus Olaf Scholz, dem Vollstrecker der »Zeitenwende« (»Frieden schaffen nur mit Waffen!«) einen wählbaren »Friedenskanzler« machen. Während der in den letzten Tage seiner Amtszeit weitere Rüstungsmillionen nach Kiew trägt– diesmal persönlich und im Zelenskij-Look– überspringt der DAX die 20.000er Marke und Zehntausende Kolleg:innen von Thyssen Steel, Volkswagen, Ford und anderen Unternehmen bangen um ihre Existenz, kämpfen für ihre Zukunft, die ihrer Familien und darum, dass Sicherheit auch als ihre soziale (!) Sicherheit garantiert wird.


Die noch nicht ganz so entkernte Partei Die Linke, will sich mit drei Direktmandaten für ihre parlamentarischen »Silberlocken« noch mal in den Bundestag retten. Dass Die Linke dort gar nichts erreicht hätte, kann man nicht sagen. In der »Regierungsverantwortung« ostdeutscher Bundesländer hat sie jedoch viele ihrer Wähler:innen enttäuscht zurück- und das Feld der AfD überlassen. Enttäuscht hat sie vor allem auch als konsequente Anti-Kriegs- und Friedenspartei. Weshalb es nun als drittes »kleines Übel« im Bunde das abgespaltene BSW gibt, das bisher nur in der Friedensfrage ein klares Profil hat…


Ungeduldiger Zwischenruf: »Ey, Genosse Geisler, was wählst Du denn jetzt? Welche Wahlempfehlung gibst Du in Deinem Umfeld?«


Nun gut, hier meine Antwort: »Hast Du schon den Berliner Appell unterschrieben? Kommst Du mit zur nächsten Anti-Kriegs-Aktion? Dann erzähl’ ich Dir im Vertrauen, welches der beiden ›kleineren (sozialdemokratischen) Übel‹ ich vermutlich wählen werde.« (Hoffentlich kommen beide in den Bundestag!) Und dann zitiere ich gerne als »Wahlprüfstein« These1 des Hamburger Parteitages meiner DKP von 1986: »Sicherheit ist im Nuklearzeitalter nur noch als gemeinsame Sicherheit erreichbar. Die Abwendung eines atomaren Infernos ist zur grundlegenden Voraussetzung für den Fortbestand der menschlichen Zivilisation und damit auch für das Vorankommen des gesellschaftlichen Fortschritts geworden. Der Friedenskampf ist die wichtigste humanistische Aufgabe und zugleich die erste Pflicht eines jeden…«. Wer danach handelt, kriegt meine Stimme, auch ohne »Revolutionär/in« zu sein.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Einwurf von Links

Die Qual der Wahl

Lothar Geisler

Aus politischer Verantwortung und/oder eigener Schwäche das »kleinere (sozialdemokratische) Übel« zu wählen, hat eine lange kommunistische Tradition. Von der kurzen Nachkriegszeit bis zum KPD-Verbot und dem goldenen Jahrzehnt der Reform- und Entspannungspolitik mal abgesehen. Die großen Übel stehen für klassenbewusste Arbeitende natürlich nie zur Wahl: der schwarze Club Der Unternehmer (früher Deutschland AG, heute BlackRock & Co) oder die gelben Marktradikalinskis und Kanzlerkiller. Von grünen Bellzist:innen und blau-braunen »Alternativen« ganz zu schweigen.

Wobei: das »kleinere Übel« ist im Lauf der Jahrzehnte in mehrfacher Hinsicht immer größer geworden. Auch zahlenmäßig. Denn 2025 stehen gleich drei (!) sozialdemokratische Varianten auf dem Wahlzettel zum Bundestag. Und ich habe ehrlich gesagt in meinem persönlichen Umfeld noch nie soviel Unzufriedene erlebt, unzufrieden nicht nur mit dem Zustand unseres Landes und der Welt, sondern unzufrieden mit der eigenen Partei, deren ehemalige Hoffnungsträger allesamt verblasst und verbraucht sind. Man möchte fast rufen: »Unzufriedene Sozialdemokrat:innen aller Parteien vereinigt euch!« Wird so schnell nicht klappen. Bleibt 2025 die Qual der Wahl.

Die »alte Tante SPD« – mittlerweile inhaltlich total entkernt – will mit mehr »kämpferischer Optik« aus Olaf Scholz, dem Vollstrecker der »Zeitenwende« (»Frieden schaffen nur mit Waffen!«) einen wählbaren »Friedenskanzler« machen. Während der in den letzten Tage seiner Amtszeit weitere Rüstungsmillionen nach Kiew trägt – diesmal persönlich und im Zelenskij-Look – überspringt der DAX die 20.000er Marke und Zehntausende Kolleg:innen von Thyssen Steel, Volkswagen, Ford und anderen Unternehmen bangen um ihre Existenz, kämpfen für ihre Zukunft, die ihrer Familien und darum, dass Sicherheit auch als ihre soziale (!) Sicherheit garantiert wird.

Die noch nicht ganz so entkernte Partei Die Linke, will sich mit drei Direktmandaten für ihre parlamentarischen »Silberlocken« noch mal in den Bundestag retten. Dass Die Linke dort gar nichts erreicht hätte, kann man nicht sagen. In der »Regierungsverantwortung« ostdeutscher Bundesländer hat sie jedoch viele ihrer Wähler:innen enttäuscht zurück- und das Feld der AfD überlassen. Enttäuscht hat sie vor allem auch als konsequente Anti-Kriegs- und Friedenspartei. Weshalb es nun als drittes »kleines Übel« im Bunde das abgespaltene BSW gibt, das bisher nur in der Friedensfrage ein klares Profil hat …

Ungeduldiger Zwischenruf: »Ey, Genosse Geisler, was wählst Du denn jetzt? Welche Wahlempfehlung gibst Du in Deinem Umfeld?«

Nun gut, hier meine Antwort: »Hast Du schon den Berliner Appell unterschrieben? Kommst Du mit zur nächsten Anti-Kriegs-Aktion? Dann erzähl’ ich Dir im Vertrauen, welches der beiden ›kleineren (sozialdemokratischen) Übel‹ ich vermutlich wählen werde.« (Hoffentlich kommen beide in den Bundestag!) Und dann zitiere ich gerne als »Wahlprüfstein« These 1 des Hamburger Parteitages meiner DKP von 1986: »Sicherheit ist im Nuklearzeitalter nur noch als gemeinsame Sicherheit erreichbar. Die Abwendung eines atomaren Infernos ist zur grundlegenden Voraussetzung für den Fortbestand der menschlichen Zivilisation und damit auch für das Vorankommen des gesellschaftlichen Fortschritts geworden. Der Friedenskampf ist die wichtigste humanistische Aufgabe und zugleich die erste Pflicht eines jeden …«. Wer danach handelt, kriegt meine Stimme, auch ohne »Revolutionär/in« zu sein.

Anne Rieger ist 80 Jahre jung geworden

Am Sonntag, den 20. Oktober 2024, hatte unsere Genossin Anne Rieger ihren 80. Geburtstag. Anne ist eine junggebliebene, sportliche und äußerst engagierte Aktivistin der KPÖ Steiermark und des Bundes Demokratischer Frauen, wie auch leidenschaftliche Autorin und Mitherausgeberin der Marxistischen Blätter.

Porträt: Anne Rieger

Geboren wurde Anne Rieger 1944 in Gleiwitz im heutigen Polen, seit 2009 lebt sie in Graz, wo sie der KPÖ beitrat. Politisch prägend waren für sie die 1970er-Jahre, die sie in (West-)Berlin verbrachte und wo sie in Berührung mit dem Marxismus sowie der Frauen-, der Gewerkschafts- und auch der Friedensbewegung kam. Diesen Bewegungen wie auch dem Ziel der Überwindung des Kapitalismus und dem Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft blieb sie ihr Leben lang treu und wirkt bis heute in unseren Reihen hochaktiv daran.

In ihrer beruflichen Funktion in Deutschland war die Gewerkschafterin und Diplom-Psychologin Anne Rieger zuletzt Bevollmächtigte der IG Metall in Waiblingen in der Region Stuttgart … Sie hat sich ein ganzes Berufsleben lang für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen eingesetzt. Die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen, höhere Löhne und daraus resultierende soziale Sicherheit zählen zu den Schwerpunkten ihrer gewerkschaftlichen Arbeit. Als Gewerkschafterin in einer männerdominierten Branche fungierte sie auch als wichtige Wegbereiterin für kommende Generationen junger Frauen.

Für Anne gehen Wort und Tat stets Hand in Hand: Sie ist an Infoständen im Gespräch mit Anliegen der Bevölkerung ebenso zu finden, wie beim Verteilen von Zeitungen vor Werkstoren. Sie analysiert das Weltgeschehen für Artikel und Beiträge unter anderem in den Marxistischen Blättern, in der UZ, der VVN-Zeitung, der Friedenzeitung oder in »Die Arbeit« des Gewerkschaftlichen Linksblocks. Und sie ist auf Demonstrationen, Lesekreisen, Diskussionsrunden und Veranstaltung der KPÖ und befreundeter Organisationen stets als hilfsbereite Genossin, gute Gesprächspartnerin und leidenschaftliche Diskutantin anzutreffen. Seit über einem Jahrzehnt ist Anne Rieger maßgeblich an der Organisation der Grazer Demonstration zum Internationalen Frauentag beteiligt und jedes Jahr im »Demobündnis 8. März Graz« aktiv. Für eine Periode war sie Mitglied im Vorstand des Grazer Frauenrats.

Seit 2019 ist sie Mitglied des Bundes Demokratischer Frauen Steiermark und war von 2021 bis Jänner 2024 Vorsitzende. Dabei hilft sie Räume zu schaffen, in denen Frauen sich untereinander politisch austauschen und Kontakte knüpfen können sowie gemeinsam für mehr Gleichstellung eintreten. Bis heute pflegt Anne Rieger Kontakt zu jüngeren Generationen an Frauen und schafft es dadurch, ihre wichtigen und wertvollen Erfahrungen weiterzugeben. Dabei ist es ihr wichtig, aktiv in Bündnissen und Projekten mitzuarbeiten und so nicht von außen, sondern direkt in den Bewegungen zu wirken. Über die Grenzen Österreichs hinaus ist sie aktiv als Co-Sprecherin des Bundesausschusses Friedensratschlag und steht in dieser Funktion im Austausch mit vielen Freund:innen, Genoss:innen und Weggefährt:innen, die sie über ihr langes und umfassendes politisches Leben begleiten.

Der KPÖ-Landesvorstand, das Landessekretariat der KPÖ Steiermark und alle Mitglieder unserer Partei wünschen Anne Rieger alles Gute zum 80. Geburtstag.

Dem schließen sich Redaktion und Herausgeberkreis der Marxistischen Blätter auch an dieser Stelle gerne an.

In der Drehtür

Georg Fülberth

Die Ampel ist ausgeschaltet. Schon von Beginn an, 2021, stand sie auf Gelb: der FDP-Vorsitzende Lindner sorgte als Finanzminister dafür, dass die schwunghaften Versprechen einer sozialökologischen Erneuerung das Recyclingpapier nicht wert waren, auf dem sie standen. Die unstrittige Schnittmenge zwischen den drei Koalitionsfraktionen teilten sie sich zugleich mit der CDU/CSU: Bereitschaft zur Konfrontation mit dem Osten, Hauptgegner China. In diesem Vorhaben, immer neu verkündet von der grünen Außenministerin Annalena Baerbock, war man sich auch mit den USA einig.

Drei Tage nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine wurde es 2022 aktualisiert in der Ausrufung einer »Zeitenwende« durch den sozialdemokratischen Bundeskanzler Olaf Scholz. Damit begann der wirtschaftspolitische Abstieg der Bundesrepublik. Zu den Voraussetzungen ihres Gedeihens hatte der kostengünstige Bezug von Energie aus Russland gehört. Das entfiel jetzt mit der auf Betreiben des Konkurrenten USA auch von Deutschland verfolgten Sanktionspolitik, die schon 2014 begonnen hatte, jetzt aber auf Gas und Erdöl ausgedehnt wurde. Auch innenpolitisch wurde der Spielraum enger: Die AfD bekämpfte diesen Kurs, wurde noch stärker als bislang, trieb die anderen Parteien in der Migrationspolitik vor sich her und zwang sie dazu, ihre Agenda auf einen einzigen Punkt zu beschränken: die unliebsame Konkurrenz von der Regierung fernzuhalten. Dies ebnete das Profil von FDP, CDU/CSU, Grünen und SPD so sehr ein, dass sie kaum noch Lagerkämpfe gegeneinander führen konnten, sondern in den ostdeutschen Bundesländern sich immer neue Bündnisse untereinander ausdenken mussten. Das 2021 verkündete sozialökologische Programm der Ampel geriet damit weitgehend unter die Räder.

Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten am 5. November ließ in den Vereinigten Staaten eine Strategie, mit der die rechte und die angeblich linke Mitte sich zur Abwehr der (nach dem Wegfall des Kommunismus) größten Gefahr zusammengefunden hatte, scheitern. Die vielfach beschworene Katastrophe hatte in den USA eine Mehrheit gewonnen und ist damit auch für Deutschland enttabuisiert. Man muss kein Nazi mehr sein, um Nazis zu wählen.

Im System der transatlantischen kommunizierenden Röhren wurde unmittelbar nach Trumps Wahl die Ampelkoalition beendet. CDU/CSU und FDP auf der einen Seite, Grüne und SPD bleiben einig darin, die AfD draußen zu halten, und sind gleichzeitig dazu verurteilt, gegeneinander Wahlkampf zu führen. Die Union ist, so wird gemutmaßt, in einer kommoden Position: an ihr wird keine Regierungsbildung vorbeikommen. Zugleich befindet sie sich in einer Zwickmühle: Bleibt sie dabei, eine Koalition mit der AfD auszuschließen, ist sie auf Partner ohne sie angewiesen. Zu einer Bürgerblockregierung mit Lindners Partei wird es nicht reichen, die Jamaika-Illusion hat eine große Zukunft hinter sich, und die SPD darf nicht so dezimiert werden, dass auch Schwarz-Rot in der Minderheit bleibt.

In der Sozialdemokratie wird da und dort von einer Wiederholung der Aufholjagd von 2021 geträumt. Merz kann nicht allzu viel dagegen haben – vorausgesetzt, die Union hat mit einer relativen Mehrheit die Nase vorn. Der demontierte Olaf Scholz ist nicht mehr kampagne­fähig. Absehbar nähert sich der Moment, in dem man sich Boris Pistorius, den Lieblings-Sozialdemokraten der BILD-Zeitung, als Kanzlerkandidaten wünscht. Laut Umfragen ist er seit schon seit Längerem so populär wie Rudolf Scharping während des Jugoslawien-Kriegs 1999.

Merz und Pistorius als Kanzlerkandidaten: das wäre logisch. Sie verkörpern den Konsens, der seit dem 24. Februar 2022 besteht: Waffenlieferungen an die Ukraine bis zum Letzten. Beim Rauswurf Lindners hielt Scholz diesem vor, dass dessen Haushaltspolitik dieses Herzensanliegen beschädige. Fahren die USA ihre Unterstützung Kiews zurück, werden diejenigen an Boden gewinnen, die für eine forcierte Aufrüstung der EU und Deutschlands plädieren. Das lässt sich sogar als Beitrag zu einer pluralen Weltordnung verkaufen: die Europäische Union als dritte Weltmacht neben den USA und China mit dessen Anhängsel Russland. Eine Stammtischrunde weiter, und es darf vom einer Führungsrolle Deutschlands schwadroniert werden. Scholz hat dafür gesorgt, dass die BRD nach den USA schon jetzt die zweitgrößten Waffenlieferungen an die Ukraine aufbringt. Konzentriert sich Trump auf den Showdown gegen China, könnten Europastrategien des deutschen Kapitals seit Wilhelm II. und Adolf Hitler, unter besonderer Berücksichtigung der Ukraine, wieder aus der Gruft kommen.

Scholz hätte dann Vorarbeit geleistet.

Das kann passieren, muss aber nicht. In den Monaten vor dem Ampel-Aus war manchmal davon die Rede, die SPD könne einen Friedenswahlkampf führen. Für diejenigen, die daran glaubten, war Rolf Mützenich ein Hoffnungsträger. Das Ausscheiden Kevin Kühnerts hat – unabhängig von persönlichen Gründen – diesen Flügel der SPD geschwächt, auch wenn sein Nachfolger als Generalsekretär derselben Richtung zugezählt wird. Er hat nicht die einstige Ausstrahlung seines Vorgängers. Allerdings hatte diese unter den Loyalitätspflichten als Generalsekretär, der den Kanzler durch Dick und Dünn begleiten musste, mittlerweile gelitten. Schade um den Mann.

Immerhin könnte die SPD noch die Option haben, nach einer etwaigen Aufholjagd entweder im Kabinett zu verbleiben, wenngleich nur als Juniorpartnerin, oder geschlossen und in guter Haltung in die Opposition zu gehen.

Mit diesen Spekulationen bewegen wir uns noch in relativ heiteren Gefilden – verglichen mit einer Situation, in der die Brandmauer zwischen Union und der AfD nicht mehr halten sollte. Nicht erst Trump hat, was die Stimmungslage in Deutschland angeht, eine neue Normalität angebahnt. Ursula von der Leyens Freundschaft mit Giorgia Meloni ging voran. Kommt die AfD an die Macht, mag eine andere, allerdings auch nicht bessere Russlandpolitik denkbar sein: Deals mit deutschnationalen und großrussischen Varianten. Basis des herzlichen Einvernehmens unter Ausklammerung bestimmter Fragen könnten die standing ovations des Bundestags von 2001 zu einer Rede Putins über ein Europa von Wladiwostok bis Lissabon sein, in der die Ukraine weder so noch so zur Sprache kam.

Mag sein, dass die Drehtür der »Zeitenwende« noch einige Rotationen vollführt. Darin kann man auch stecken bleiben.

Landtagswahlen im Osten

Ulrich Schneider

Die Ergebnisse der Landtagswahlen im September 2024 in den drei Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen führten angesichts des Ergebnisses der AfD in den Mainstream-Medien – je nach Orientierung – zu einem Abgesang der Ampel-Koalition oder zu Reaktionen »gerade noch einmal gut gegangen«. Ein genauerer Blick auf die Ergebnisse ist lohnend.

Zwar wurde in Brandenburg die SPD mit Ministerpräsident Woidke nicht nur stärkste Kraft, sondern konnte auch noch einige Prozentpunkte gewinnen, dennoch zeigt das Gesamtergebnis in eine andere Richtung. Die Ampel-Koalition auf Bundesebene wurde bei diesen Wahlen in einem Maße abgestraft, wie es noch nie stattgefunden hat. Die FDP, die in den östlichen Bundesländern seit jeher keine Wählerbasis besitzt, wurde zu einer Ein-Prozent-Partei. Die Grünen, in Thüringen und Brandenburg Regierungsparteien, konnten sich nur in Sachsen knapp in den Landtag retten, hatten jedoch in allen drei Bundesländern Verluste im Bereich von 50 % und mehr zu verzeichnen. Das Ergebnis der SPD in Thüringen (6,1 %) zeigt noch etwas. Diese Partei besitzt hier außerhalb ihrer städtischen »Kernanhängerschaft« keine Verankerung. Sichtbares Zeichen dafür: sie konnte kein einziges Direktmandat erzielen. Da auch in Sachsen das Ergebnis desaströs war, wurde in der Presse bereits über die Zukunft von Olaf Scholz als SPD-Spitzenkandidat spekuliert.

Es ist also durchaus berechtigt, von einer Protestwahl gegen die Bundesregierung zu sprechen. Protest richtet sich jedoch nicht auf die größte Oppositionspartei, die CDU. Zwar konnte der sächsische Ministerpräsident Kretschmer Stimmen gewinnen und sich als Sieger fühlen. Wenn man aber das bescheidene Ergebnis der Thüringer CDU betrachtet, die mit 23,6 % (+1,9 %) zwar zweitstärkste Kraft wurde, dann wird ihre politische Schwäche in ihrem ehemaligen Stammland auch dadurch unterstrichen, dass sie nur im katholischen Eichsfeld und im Südosten einige Direktmandate erzielte. Das schlechte Abschneiden der Brandenburger CDU, unmittelbar nach der öffentlichen Verkündigung von Friedrich Merz als Spitzenkandidat der CDU/CSU für die kommende Bundestagswahl, zeigt, dass von vielen Wählern im Osten die CDU nicht als politische Alternative zur Bundesregierung wahrgenommen wird.

Zu den großen Verlierern der Wahl gehört die LINKE. In Thüringen ist die Partei des durchaus anerkannten Ministerpräsidenten Bodo Ramelow mit 18 % Verlust vollkommen eingebrochen. Analysten meinen, dass – wenn sie nicht einen auf den MP konzentrierten Personenwahlkampf geführt hätte – die Verluste noch höher ausgefallen wären. Ein deutliches Signal ihrer politischen Schwäche ist die geringe Zahl von Direktmandaten, die sie tatsächlich nur in den wenigen Großstädten erringen konnte. Auf dem Land und in den Kleinstädten hat sie massiv verloren. In Sachsen ist es ihr nur dank der erreichten Grundmandate in Leipzig gelungen, im Landtag zu verbleiben, weil die Verluste von mehr als 50 % der Wählerstimmen zu einem Ergebnis unter der 5-Prozent-Hürde geführt haben. Und da es in Brandenburg nicht einmal zu einem Direktmandat reichte, ist in diesem Bundesland die Linke nach über 30 Jahren zum ersten Mal nicht mehr im Länderparlament vertreten. Zwar gab es viele Erklärungsversuche, insbesondere mit Blick auf das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), aber eine Partei muss für sich selber die Wähler:innen gewinnen und ihnen verständliche politische Alternativen bieten, um deren Unterstützung zu bekommen. Wenn die LINKE als politischer Akteur nicht nur in den östlichen Bundesländern eine Rolle spielen will, dann müssen hier nicht nur wohltönende Worte, sondern tatsächliche Neuorientierungen in Richtung der arbeitenden Menschen folgen. Wenn ein Kommentator in einer der LINKEN nahe stehenden Tageszeitung glaubt, aufgrund dieser Wahlergebnisse sich vom Proletariat als gesellschaftsverändernde Kraft verabschieden zu müssen und das »woke« großstädtische Kleinbürgertum zur Zielgruppe linker Politik erklärt, dann hat diese Partei tatsächlich ihre politische Berechtigung verloren.

Unbestrittene Gewinnerin der Landtagswahlen in allen drei Bundesländern ist die AfD, die in Thüringen mit knapp 33 % und dem Gewinn der absoluten Mehrheit der Direktmandate – trotz erkennbar neofaschistischer Ausrichtung vieler ihrer Kandidat:innen – einen deutlichen Erfolg verbuchen konnte. In Sachsen und in Brandenburg erreichte sie mit knappem Abstand gegen die regierenden Ministerpräsidenten mit jeweils knapp 30 % den zweiten Platz.

Der Partei ist es gelungen, Themen für sich auszunutzen, die auch die Medien in den vergangenen Monaten mit spektakulären Berichten in den Vordergrund schoben. Zum einen ist es die Kritik an dem Zustand der Ampel-Koalition, von der auch die AfD profitierte. Zweitens sind es die Kernthemen der extremen Rechten: »Angst vor Flüchtlingen« und Zuwanderung sowie »Sicherheit« und Kriminalitätsangst. Selbst wenn die objektiven Zahlen der Migration und der Kriminalität in Thüringen eine andere Sprache sprechen, trugen die bundesweiten medialen Kampagnen (»Messermord in Solingen«) dazu bei, diesem Thema Nahrung zu geben. In einer Analyse der DKP heißt es: »Wir haben die AfD zu Recht immer als nationalistisch-rassistische Kraft mit einem faschistischen Flügel charakterisiert. Leider ist auch der Hauptgrund, den Wählerinnen und Wählern für ihre Wahl angaben, die Zustimmung zu ihrer rassistischen Herangehensweise an die Frage von Flucht und Migration.« Und wenn die Bundesregierung nun auf »Law and Order« macht, trifft dasselbe zu, wie bei der CDU. Man wählt das Original und nicht die Kopie.

Bezeichnend ist, dass die bürgerlichen Kräfte, die sich gegen die AfD stellen, in Sachsen zum Ministerpräsidenten Kretschmer und in Brandenburg zum Ministerpräsidenten ­Woidke gegangen sind. Aber es ist bemerkenswert, dass trotz eines deutlichen Anstiegs der Wahlbeteiligung in allen drei Bundesländern auf knapp 75 % antifaschistische »Aufklärungs-Aktionen« nicht dazu beigetragen haben, Wähler von der Wahl dieser Partei abzuhalten.

Drei Bereiche der Wähleranalyse müssen zu denken geben. Die AfD ist bei den Wähler:­innen bis 30 Jahren in allen drei Bundesländern die mit großem Abstand erfolgreichste Partei. Die AfD hat sich als attraktive Kraft für Jung- und Erstwähler gezeigt. In Regionen, die durch Abwanderung und Strukturwandel am meisten betroffen sind, sind die Wahlergebnisse für die Partei am höchsten und bei der sozialen Zusammensetzung haben fast 50 % derjenigen, die zur Gruppe der Arbeiter gerechnet werden, die AfD gewählt. Kurz formuliert, die AfD ist erkennbar keine »Protest-Partei« mehr, was Antifaschisten auch früher schon betont hatten. Sie profitiert von der gesellschaftlichen Diskursverschiebung, bei der »Fremde« und insbesondere muslimische junge Männer als »Bedrohung« wahrgenommen werden. Die ideologische Langzeitwirkung der PEGIDA-Hetze ist in den Medien und den Köpfen der Wähler:innen angekommen.

Der zweite Wahlsieger ist die Partei BSW, obwohl sie erst vor wenigen Monaten gegründet noch über keine stabile organisationspolitische Verankerung in den drei Bundesländern verfügt. Aus dem Stand wurde sie in allen drei Bundesländern die drittstärkste Kraft mit einem zweistelligen Ergebnis. Angesichts der Zahl der errungenen Mandate wird es in diesen Ländern schwer, ohne bzw. gegen das BSW eine Regierung zu bilden. Und das, obwohl mit Ausnahme der politischen Namensgeberin nur wenige Repräsentanten der Partei (wie z. B. die ehemalige Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf oder der ehemalige Brandenburger Sozialdemokrat Robert Crumbach) öffentlich bekannt sind. Als Konsequenz hat die Partei in vielen Wahlkreisen darauf verzichtet, Direktkandidaten aufzustellen.

Trotz medialer Kampagnen, die das BSW entweder in Richtung AfD, als »Stasi«-Partei oder einfach nur als »Populisten« meinten denunzieren zu können, wurde diese Partei von einem interessanten Wählerklientel unterstützt. Überdurchschnittlich gewann sie bei der Altersgruppe ab 50 Jahren und denjenigen, die seit mehr als 20 Jahren in der Region leben. Das BSW bot sich damit als ostdeutsche Protestpartei an, der zugetraut wurde, sich für die Belange und Vorstellungen dieser Menschen zu interessieren. Das BSW verhinderte damit einen weiteren Zulauf von Menschen zur AfD, die mit ihren Themen versuchte, ebenfalls dieses Image auszubauen.

In verschiedenen Analysen wird hervorgehoben, dass die Wahlen durch die Friedensdebatte beeinflusst worden seien. Richtig ist, dass das BSW mit der klaren Ablehnung der deutschen Unterstützung des Ukraine-Krieges ein Thema auf die Tagesordnung brachte, das weder die Regierungsparteien, noch die CDU oder die LINKE in den Fokus rückten. Auch wenn es kein landespolitisches Thema war, hat das BSW diese Frage konsequent angesprochen. Man kann davon ausgehen, dass in der Altersgruppe ab 50 Jahren diese Haltung besonders honoriert wurde, vor allem, weil die LINKE in dieser Frage eine mehr als widersprüchliche Position zeigt.

Zwar versuchte auch die AfD auf diesem Ticket Stimmen zu gewinnen, das machte die Stimme für die AfD aber damit trotzdem nicht zu einer »Anti-Kriegs-Wahl«, wie die DKP richtig betonte. Und so waren diese Landtagswahlen keine »Friedenswahlen«, sondern Stimmungsbilder, die die politische Landschaft deutlich verändert haben. Ein sichtbares Signal war die Erklärung der drei möglichen Ministerpräsidenten, die sich für mehr Diplomatie im Umgang mit dem Ukraine-Krieg einsetzten. Neben den Schlägen, die sie aus ihren eigenen Reihen dafür einstecken mussten, zeigte die Erklärung, dass das Ergebnis für das BSW, das genau diese Frage für mögliche Koalitionen als Voraussetzung benannt hat, bereits Bewegung in die politische Landschaft gebracht hat.

Was ist zu tun? Notwendig scheint es, bundesweit eine neue Strategie gegen den Vormarsch der AfD zu entwickeln. Die richtige Aussage »Höcke ist ein Nazi« hat erkennbar ein Drittel der thüringischen Wähler nicht abhalten können, diese Partei zu unterstützen. Metropolen- und szeneorientierte Argumentationen sollten nicht die gesellschaftliche Gegenbewegung prägen. Es müssen gemeinsame Anstrengungen unternommen werden, eine Diskurs-Verschiebung zu den realen Problemen der Menschen (Bildung und Versorgung der Kinder, Gesundheit und soziale Sicherheit, öffentliche Versorgung und ÖPNV, Arbeitsplätze und gerechte Wirtschaft etc.) zu erreichen. Dazu müssten nicht parteigebundene gesellschaftliche Kräfte (Gewerkschaften, Sozialverbände, Kirchen und Kulturorganisationen, antifaschistische und migrantische Verbände etc.) gemeinsam Strategien zu Verbesserung der Lebensverhältnisse entwickeln.

(Geschrieben am 6.10.2024)

Lauterbachs Kranken­haus­versorgungs­verbesserungs­gesetz

Wolfgang Albers

Schon der Name ist dreiste Roßtäuscherei.

Hier wird nichts an der Krankenhausversorgung verbessert.

Im Juli 2023 kündigte der »Minister der Herzen«, den seine burlesken Talkshow-Auftritte ins Amt gebracht haben, das neue Gesetz mit der ihm eigenen Hybris als eine Revolution und als Abkehr vom System der Fallpauschalen an. Die Fallpauschalen setzten falsche Anreize und hätten die Krankenhäuser zu stark ökonomischen Zwängen ausgesetzt. Viele Häuser seien von der Schließung bedroht. So die späte Einsicht des Ministers, der als enger Berater von Ulla Schmidt 2003 mit entscheidend an der Einführung dieses neuen Finanzierungssystems beteiligt war. Damals zogen marktwirtschaftliche Prinzipien in deutsche Krankenhäuser ein. Die bekamen nun nicht mehr ihren tatsächlichen Aufwand für eine Behandlung vergütet, bezahlt wurde nun die Zahl der Fälle, die sie generierten und für die jeweilige Diagnose gab es eine feste Pauschale. Nur wer seine Behandlungskosten unter diese Pauschale drücken konnte, erwirtschaftete ein Plus. Manche Diagnosen waren lukrativ, andere nicht.

Der positive Effekt: Unsinnig lange Verweildauern wurden verkürzt. Aber Kritiker hatten schon damals gewarnt, das neue System werde die Ökonomisierung der Gesundheitsversorgung forcieren und die Kliniken in einen ruinösen Wettbewerb im Kampf um die billigste Leistung treiben. Rund 70 % der Kosten im Krankenhaus sind Personalkosten. Die billigste Leistung kann nur der erbringen, der die geringsten Personalkosten hat. Eine beispiellose Arbeitsverdichtung für Ärzte und Pflegekräfte war die Folge.

Vor allem kleine Kliniken im ländlichen Raum, die vorwiegend eine Grund- und Notfallversorgung anbieten, gerieten unter Druck. Sie hatten es schwer, genügend Fälle zu akquirieren, um wirtschaftlich tragfähig zu sein. Aber auch größere Häuser im städtischen Raum hatten mit dem System zu kämpfen. Viele Kommunen sahen sich angesichts der eigenen prekären Lage gezwungen, sich ihrer defizitär arbeitenden Kliniken durch Schließung oder Verkauf zu entledigen. Seit 2004 sank die Zahl der Kliniken bundesweit lt. statista.de von 2.166 auf 1.874. Gleichzeitig standen große Klinikkonzerne mit ihren Kriegskassen parat. Die Zahl der privaten Krankenhäuser stieg im selben Zeitraum von 444 auf 596.

Das neue Gesetz bringt keineswegs eine Abkehr vom alten Finanzierungssystem. Auch künftig finanziert sich das System im Wesentlichen aus den Kassengeldern der GKV. Das Erlösvolumen wird nur anders verteilt. Die sog. Vorhaltevergütung, mit der vermeintlich die Vorhaltung von Strukturen in den Häusern unabhängig von ihrer Leistungserbringung gesichert werden soll, ist ein Etikettenschwindel. Die Mittel dafür werden aus den Fallpauschalen abgezweigt, die einfach um 60 % abgesenkt werden. Die Höhe der jeweiligen Vorhaltevergütung ist dabei abhängig von der erbrachten Leistung und dem Betriebsergebnis der Jahre 2023/2024. Das löst die existentiellen Probleme der Kliniken nicht. Für die Erfüllung ihres Versorgungsauftrags müssen die Häuser die Kosten erstattet bekommen, die ihnen durch die Vorhaltung der Leistung real entstehen. Wenn eine Klinik ihre Leistung über 24 Stunden 365 Tage im Jahr vorhält, dann muss das im Sinne der allgemeinen Daseinsvorsorge aus staatlichen Mitteln abgesichert werden, völlig unabhängig davon, ob diese Leistung in Anspruch genommen wird oder nicht. Hier entzieht sich der Staat weiterhin seiner Aufgabe, die medizinische Versorgung in der Fläche jederzeit sicherzustellen. Auch bei der Finanzierung des sog. Transformationsfonds, aus dem der geplante Umbau der Krankenhauslandschaft mit 50 Mrd. Euro über 10 Jahre finanziert werden soll, macht sich Lauterbach einen schlanken Fuß. Er greift systemwidrig in die Taschen der gesetzlich Krankenversicherten, die sollen den Umbau mit 25 Mrd. Euro bezahlen. Privatversicherte bleiben außen vor. Die PKV verweigert sich und droht mit Verfassungsklage. Auch die Länder sollen sich in gleichem Maße beteiligen, aber die sind schon bisher nicht in der Lage, ihrer gesetzlichen Investitionspflicht aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz von 1972 nachzukommen.

Erklärtes Ziel der Reform ist es, die Krankenhausdichte im Land zu verringern. Eine von den Ländern geforderte Auswirkungsanalyse gibt es bisher nicht. Offenbar wird umgesetzt, was die Bertelsmann-Stiftung schon 2019 in ihrem Gutachten zur »zukunftsfähigen« Krankenhauslandschaft gefordert hat. Sie empfahl die Schließung von rd. 1.000 Krankenhäusern. Auf diese Weise löse man auch das Problem des Fachkräftemangels. Man brauche das freigestellte Personal nur auf die übrig gebliebenen Häuser zu verteilen und schon sei der Personalnotstand beseitigt.

Verkauft wird die Reform zudem als notwendige Qualitätsmaßnahme im Interesse einer »besseren« Patientenversorgung. Zukünftig sollen weniger Krankenhäuser spezialisiertere Leistungen erbringen. Dazu werden den Häusern »Leistungsgruppen« zugeteilt, für die strukturelle Qualitätsanforderungen definiert werden. Bestimmte Behandlungen wie von Tumorpatienten, Geburten oder Schlaganfälle dürfen nur noch durchgeführt werden, wenn neu festzulegende Standards erfüllt werden. Diese Qualitätskriterien betreffen u. a. auch die Personalausstattung, die aber vielerorts schon deshalb nicht zu gewährleisten sein wird, weil das medizinische Personal dafür einfach nicht vorhanden ist. Vielen Häusern dürfte es auch angesichts der finanziellen Situation, in der sie sich befinden, schwerfallen, diese Standards zu erfüllen. Die jahrzehntelange Unterfinanzierung durch die öffentliche Hand hat in der Struktur und beim Personal Spuren hinterlassen. Aus der Berliner Gesundheitsverwaltung verlautet, in Berlin seien nur zwei Kliniken so aufgestellt, dass sie ihre ganze therapeutische und diagnostische Breite auch nach der Reform weiter anbieten dürften.

Unbestritten ergibt es Sinn, spezielle und aufwendige Behandlungen in bestimmten Zentren zu konzentrieren, um dem Patienten die bestmögliche medizinische Behandlung zukommen zu lassen, aber das darf nicht zu einer Konzentration der Versorgung im urbanen Raum und zu einer Ausdünnung der Grundversorgung in der Fläche führen. Einen »kalten Strukturwandel« nennt das die Deutsche Krankenhausgesellschaft und warnt vor einer staatlich organisierten Insolvenzwelle. Vor allem kleinere Häuser in ohnehin medizinisch unterversorgten ländlichen Regionen wären betroffen. Dort wird sich die Versorgung definitiv verschlechtern. Anfahrtszeiten und Rettungswege verlängern sich. Die im Gesetz vorgesehenen »Level I-Krankenhäuser«, die in der Art Medizinischer Versorgungszentren die wohnortnahe medizinische Versorgung sichern sollen, sind hier kein Ersatz. Sie sind ausdrücklich von der Notfallversorgung ausgeschlossen und dürfen von den Rettungsdiensten zukünftig nicht mehr angefahren werden.

Fazit: Eine weitere »Reform«, die ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Bedarf die zeit- und wohnortnahe medizinische Versorgung ihrer Wirtschaftlichkeit opfert.

Alles wie gehabt.

Ein länger geplanter Angriff

Gedanken zur Tarifbewegung der Metall- und Elektroindustrie,
sowie den »Verhandlungen« bei Volkswagen!

Lars Hirsekorn

Mit dem Angriff auf die Volkswagen-Belegschaften führen die Kapitalverbände1 einen zentralen Kampf gegen die arbeitende Klasse. In den letzten zwei Jahren zeichnet sich immer mehr ab, dass sie die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen in Deutschland – aber auch ganz West- und Mitteleuropa verschlechtern wollen. In großem Umfang macht insbesondere die Zulieferindustrie der Autobauer ihre Drohungen aus den 1990er Jahren war. Egal ob Mahle, ZF, Bosch, GKN, Continental oder andere. Die großen Player der Branche schließen Stück für Stück Werke und verlagern die Produktion in gewerkschaftsarme Räume. So wird der Druck auf die Gewerkschaften immer weiter erhöht, dem Drängen der Kapitalisten nach dem Senken der Lohnkosten nachzugeben. Das Trommelfeuer von Merz, Lindner und großer Teile der Medienlandschaft2 zeigt leider bei beachtlichen Teilen der Bevölkerung Wirkung und gleichzeitig auch bei vielen Gewerkschafter:innen. Die Forderung der IG Metall nach 7 % Lohnerhöhung stieß gleich zu Beginn auf ein geteiltes Echo innerhalb der Funktionärsriege. Während die einen durchaus sehen, dass bei den Gewinnen der Konzerne und der anhaltend hohen Preissteigerung mehr drin sein müsste, sind insbesondere in der Zulieferindustrie etliche Betriebsräte auf die Idee gekommen, dass Lohnverzicht »Standorte« sichern könnte. Was zu einer großen Freude bei den Kapitalverbänden geführt haben dürfte. Die Arbeiter:innen sollen die Sonderkosten der Kriegs- und Sanktionspolitik bezahlen, ohne dass die Gewinne der Dax-Konzerne in Frage gestellt werden. So ist nun auch der Abschluss im Flächentarif der MuE zu werten. Während der Abschluss3 wohl nicht einmal die Inflationsrate ausgleicht und somit unter einer Nullrunde liegen dürfte, feiern eine ganze Reihe meiner Kollegen diesen als »gar nicht so schlecht«.

Zentral ist die Angst und die Wut in den Belegschaften bei Volkswagen. Werkschließungen sind gegen den Widerstand der Gewerkschaft kaum vorstellbar, aber was bringt es, wenn vor der leeren Halle noch die Pförtnerin sitzt? Das Management droht offensiv damit, die einzelnen Werke ausbluten zu lassen und einfach keine Aufträge mehr zu vergeben. Wenn in einem Werk nichts mehr gebaut wird, können auch die Menschen entlassen werden. Die erpresserische Forderung nach 14 % Lohneinbuße, ist für die Bosse die Grundbedingung, damit sie überhaupt mit uns über den Erhalt aller Werke (Brüssel ausgeschlossen) reden.

Das Kaninchen vor der Schlange!

Die IG Metall sitzt in dieser Situation relativ rat- und hilflos in der Patsche. Schon mit dem »11-Punkte-Zukunftsplan zum Erhalt unseres Industrielands«4 hat die Gewerkschaft offenbart, dass sie bereit ist, die Gesellschaft die Kosten des Krieges tragen zu lassen. Zwar hat sie unter Punkt 5 immerhin eine Vermögenssteuer gefordert, aber im Großen und Ganzen wird eine Entlastung der Industrie gefordert. Immer wieder wird auf allen Veranstaltungen und Stellungnahmen, die Lockerung der Schuldenbremse gefordert, als wenn nicht genug Geld vorhanden wäre. Dass auch viele progressive Kolleg:innen dies fordern, lässt es nach einer Lösung im Keynesianischen Sinne erscheinen. Dass gleichzeitig ein scheinbar recht starker Teil des IG Metall-Bundesvorstandes in einem wahrhaft gruseligen Papier5 die bessere Finanzierung der nationalen Rüstungsindustrie fordert, zeigt recht deutlich, wohin diese Politik steuert. Mit den bisherigen Politikansätzen hat sie den Erpressungsstrategien des Kapitals nichts entgegenzusetzen. Gleichzeitig fehlt das eigene inhaltliche Profil, dass sie als Vertretung der und für die Klasse kennzeichnet. Dass der Staat absichtlich die Bahn ruiniert und immer weiter zerschlägt, lässt sie genauso wenig aufschreien, wie der Irrsinn, dass »Zukunftstechnologien« wie Glasfaser, Wind- und Solar­energie sowie sogar Wasserstoff dem freien Markt überlassen werden. Auch hier werden noch »Investitionsanreize« und Subventionen gefordert, anstatt eine konsequente Vergesellschaftung dieser Industrien zu fordern. In diesem Sinne muss auch der »Kompromiss« des jetzigen Abschlusses gewertet werden. Er soll den »Standort Deutschland« nicht zu sehr belasten und gleichzeitig den Beschäftigten das Gefühl geben, dass sie nicht ganz unter die Räder kommen.
Praktisch ist es aber so, dass gerade die unteren Lohngruppen immer mehr in eine Situation kommen, dass sie sich viele Dinge nicht mehr leisten können. Die weiterhin rasant steigenden Mieten, die Preise für Essen und Getränke, machen den Spielraum zusehends enger. Für etliche stellt die kaputte Waschmaschine oder die Klassenfahrt für die Kinder eine echte Hürde da. Insbesondere für die Millionen Menschen in den ausgegliederten Werkverträgen wird die Luft immer dünner und das Gefühl der Hilflosigkeit immer größer.6 Dies können die Gewerkschaften eigentlich nur durch eine konsequente Einbindung der Belegschaften in eine Politik und einen Kampf für eine »Idee« erlangen. Mit der bisherigen Politik werden sie immer mehr Menschen verlieren, weil sie keinen Ausweg aus der Misere aufzeigen können. Belegschaften und Kämpfe von Belegschaften, wie den ehemaligen Arbeitern von GKN Florenz7 werden nicht oder nur spärlich unterstützt. Die Besitzverhältnisse und auch der Inhalt der Produktion werden nicht in Frage gestellt.

Trotzdem bin ich mir sicher, dass wir bei VW die Hallen und Büros leergefegt kriegen. Sei es Wut oder Angst, beides wird die Kolleginnen und Kollegen auf die Straße treiben, denn die Vorschläge des Managements sind keine Lösung, sondern Gewalt gegen die Menschen.

Eine notwendige Antwort wären europaweite Solidaritätsaktionen. Doch der Internationalismus der Gewerkschaften beschränkt sich meist auf Absprachen zu Produktionsverteilungen innerhalb der Europäischen Werke. Der Euro-Betriebsrat tagt zweimal im Jahr und eigentlich versucht jeder Standort nur sich selbst im Rennen zu halten. So führte weder die Schließungen bei Opel Bochum, Ford Saarlouis oder Audi Brüssel zu einer angemessenen Reaktion der Belegschaften. Alle waren nur froh, dass es sie nicht trifft. Es gibt aber keine eigene Strategie, die der Arbeiterklasse international einen Ausweg aufzeigen könnte. Stattdessen wird von der IG Metall die staatliche Förderung/Subventionierung der Auto- und Rüstungsindustrie gefordert. Beide Industrien, deren Fortexistenz unseren sicheren Untergang bedeuten.

Wege aus der Krise! Wenn wir die Gewerkschaften wirklich unterstützen wollen, müssen wir ein mindestens europaweites Handeln einfordern. Was wir brauchen, sind internationale Aktionen, die ein Gefühl von »wir sind Klasse« vermitteln.

  1. 1 https://www.rosalux.de/publikation/id/52107/die-herstellung-der-zeitenwende.

  2. 2 https://www.stern.de/wirtschaft/vw--der-widerstand-der-mitarbeiter-schadet-ihnen-selbst-35179860.html, https://www.stern.de/wirtschaft/habecks-autogipfel--vw-geht-kaputt--gut-so---meinung--35082970.html.

  3. 3 Eine Einmalzahlung von 600 Euro bis Februar 2025, 2 Prozent mehr Entgelt ab dem 1. April 2025. Weitere 3,1 Prozent ab dem 1. April 2026, 140 Euro für Auszubildende ab Januar 2025 und 3,1 Prozent ab 1. April 2026, Erhöhung des jährlichen »Tariflichen Zusatzgeldes« von 630 Euro auf 900 Euro ab Februar 2026 als soziale Komponente, Laufzeit bis Ende Oktober 2026.

  4. 4 https://www.igmetall.de/politik-und-gesellschaft/wirtschaftspolitik/fuer-modernes-innovatives-und-gerechtes-industrieland.

  5. 5 https://www.igmetall.de/presse/pressemitteilungen/verteidigungsindustrie-zukunftsfaehig-machen.

  6. 6 Von den 8.200 Menschen, die bei VW in Braunschweig arbeiten, sind ca. 1.200 in den Tarifverträgen der Volkswagen Group Services. Der Stundenlohn für Logistiker liegt hier bei 16,30 Euro. Ein großer Teil meiner Kolleg:innen geht nach einem Vollzeitjob im Volkswagenkonzern, am Monatsende zum Amt.

  7. 7 https://www.labournet.de/interventionen/solidaritaet/autozulieferer-gkn-schliesst-florentiner-werk-campi-bisenzio-und-setzt-450-familien-auf-die-strasse-per-e-mail/.

World Marxist Review 2.0

Niall Farrell

World Marxist Review1 (Probleme des Friedens und des Sozialismus) war eine von 1958 bis 1990 erschienene internationale theoretische und politische Monatszeitschrift, die eine zentrale Rolle in der kommunistischen Bewegung spielte. Sie wurde nach dem internationalen Treffen kommunistischer und Arbeiterparteien in Moskau (1957) gegründet. Ziel dieses Treffens war die Stärkung der Einheit und Koordination kommunistischer Parteien. Die Zeitschrift entwickelte marxistisch-leninistische Theorie, förderte den Austausch sozialistischer Aufbau-Erfahrungen, unterstützte kommunistische Parteien und bekundete Solidarität mit antikolonialen Kämpfen und progressiven Bewegungen weltweit. Die Redaktion saß in Prag und bestand aus Vertretern von fast 70 kommunistischer Parteien, wobei die KPdSU ausschlaggebenden Einfluss hatte. Die Zeitschrift erschien in 41 Sprachen und erreichte ein Publikum in 145 Ländern.

Seit Frühjahr 2024 erscheint unter gleichem Namen eine neue theoretische Viertel­jahreszeitschrift im 2023 gegründeten, unabhängigen britischen Verlag (Canut Press), der sich auf internationale und übersetzungsorientierte akademische Forschung spezialisiert. Herausgeber der neuen World Marxist Review ist eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern und Aktivisten, unterstützt von der World Association for Political Economy (WAPE) und der Northwestern Polytechnichal University in China. Die Chefredakteure sind Cheng Enfu (Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften), Gabriel Rockhill (Villanova University, USA), wie auch Wladimir Gennadjewitsch Nowikow (Russische Akademie der Wissenschaften). Stellvertretende Chefredakteure sind Radhika Desai (University of Manitoba, Kanada), Roland Boer (University of Newcastle, Australien) und Cem Kızılçeç (Türkische Stiftung für Sozialistische Einheit). Den Redaktionsausschuss leiten die Akademiker Chen Jianyou sowie John Bellamy Foster. Bellamy Foster ist Herausgeber der renommierten marxistisch-theoretischen US-Zeitschrift Monthly Review, die 1949 von dem bedeutenden marxistischen Ökonomen Paul Sweezy ins Leben gerufen wurde.

Herausgeber aus China, den USA, Großbritannien sowie Russland sind stark vertreten, insgesamt kommen 64 Herausgeber aus 33 Ländern. Neben Asien sind Europa und Nordamerika gut vertreten. Frauen sind unterrepräsentiert – unter ihnen die Chinesinnen Yang Yunxia (Dekan-Schule des Marxismus u. v. a.) und Sun Yexia (Ökonomin) sowie die Britin Jennifer Clegg (China-Expertin) und die Radhika Desai (Geopolitische Ökonomie. Die Nachfolgerin von US-amerikanischer Hegemonie, Globalisierung und Imperialismus. Mangroven Verlag, Kassel 2020). Die deutsche linke Bewegung ist mit Werner Rügemer (interventionistischer Philosoph) und Michael Brie (Rosa-Luxemburg-Stiftung) vertreten. Anders als bei Probleme des Friedens und Sozialismus sind keine kommunistischen Parteien und Befreiungsbewegungen als solche (mit wechselnden Repräsentanten) eingebunden. Durch die zentrale Rolle Chinas in der neuen World Marxist Review ist ein weit größerer Fokus auf den Globalen Süden, insbesondere die BRICS-Staaten als Alternative zur US-Hegemonie, zu erwarten. Allerdings vertreten nur Kamerun und Senegal die afrikanischen Marxisten – erstaunlicherweise nicht Südafrika (in Prag waren es Senegal, Sudan und Südafrika). Auch der lateinamerikanische Kontinent war in der Prager Redaktion stark vertreten, weniger in diesem neuen Projekt – hier außer Kuba nur Mexiko, Brasilien und Chile. Es fehlen Vertreter des arabischen Raums, die bei Probleme des Friedens und Sozialismus ebenfalls gut vertreten waren, z. B. Palästina, Israel, Syrien, Jordanien, Irak.

Die Auswahl der Ländervertreter bleibt unklar, jedoch scheint ein Konsens zu bestehen, dass sie anerkannte Marxisten sind, die weitgehend die Neue-Seidenstraße-Initiative unterstützen. In der ersten Ausgabe erschien ein Bericht über das Internationale Treffen Kommunistischer und Arbeiterparteien im Oktober 2023, was eine Nähe zur aktiven kommunistischen Bewegung andeutet.

Somit strebt die Zeitschrift ein globales marxistisches Perspektivenspektrum von Wissenschaftlern sowie Aktivisten an. Unterschiedliche geopolitische Standpunkte und nationale Kontexte sollen berücksichtigt werden, um den Marxismus in verschiedenen globalen Zusammenhängen anzuwenden. Es ist ein Bemühen evident, dass sowohl theoretische als auch praktische Aspekte des Marxismus eingebracht werden sollen. Damit einhergehen wird eine Offenheit für Alternativen zu westlichen Sozialismusauffassungen, wobei es im Herausgeberkreis nur einen Vertreter aus Vietnam und keinen aus der DVR Korea gibt. Im Gegensatz zu ihrem Prager Vorgänger – in der exklusiv die Analyse der KPdSU zugelassen war – erklärt diese Zeitschrift, dass die Autoren selbst für den Inhalt ihrer Artikel verantwortlich sind. Auch das ist wichtig anzumerken.

Im einleitenden Editorial skizziert Cheng Enfu die Mission der Zeitschrift im Kontext aktueller globaler Herausforderungen. Er betont die zunehmende Vernetzung der Welt, verweist auf internationale Konflikte, wie in Gaza, steigende globale Spannungen und die Klimakrise, die zur weltweiten Instabilität beitragen. Das Editorial plädiert stattdessen für einen marxistischen Ansatz, der auf dialektischem und historischem Materialismus basiert, um die Widersprüche der Welt zu begreifen und anzugehen. Dieser Ansatz sei entscheidend, um eine revolutionäre soziale Transformation und eine gerechte, sozialistische Welt zu schaffen.

Cheng Enfu betont, dass die Zeitschrift als Plattform zur Weiterentwicklung marxistischer Theorien dienen soll, um sie auf reale Veränderungen anzuwenden. Dabei soll sie zu globalen Kämpfen für den Sozialismus beitragen und das Erbe historischer sozialistischer Bewegungen weiterführen. Das Editorial positioniert die Zeitschrift im historischen Kampf gegen Imperialismus und Kapitalismus und verweist auf revolutionäre Ereignisse wie die Haitianische Revolution, die Pariser Kommune und die Chinesische Revolution. Lenins Beiträge zur marxistischen Theorie und der antikolonialen Kämpfe werden besonders hervorgehoben.

Es wird auch die Niederlage des Sozialismus im späten 20. Jahrhundert anerkannt, insbesondere der Zusammenbruch der Sowjetunion. Dennoch betont das Editorial Chinas fortwährendes Engagement für den Sozialismus und seine Rolle in der globalen sozialistischen Bewegung.

Die neoliberale kapitalistische Ordnung nach dem Kalten Krieg wird kritisiert, da sie globale wirtschaftliche, soziale und ökologische Krisen nicht lösen kann. Die Widersprüche des Kapitalismus machen den Kampf für den Sozialismus dringlicher.

Die World Marxist Review bietet ein Forum für Wissenschaftler wie auch Aktivisten, um marxistische Theorie und Praxis voranzutreiben. Globale Ereignisse sollen aus marxistischer Perspektive analysiert und die Herausforderungen des Sozialismus diskutiert werden. Marxisten weltweit sind aufgerufen, zur Weiterentwicklung der sozialistischen und kommunistischen Sache beizutragen. Die Zeitschrift wird bis 2027 als Open Access veröffentlicht, und alle Inhalte sind frei zugänglich. Autoren sind eingeladen, sich zu Themen wie der Erforschung klassischer marxistischer Texte, der Analyse globaler Ereignisse aus marxistischer Perspektive und der Anwendung marxistischer Theorien in aktuellen Kontexten zu äußern.

Die ersten drei Ausgaben enthalten Beiträge in den Kategorien Marxismus-Studien, Sozialismus-Studien, Kapitalismus-Studien, Interviews, Buchbesprechungen und Konferenzen. Beispiele sind Analysen zur »neuen Projektwirtschaft« in China, ein Interview von Karin Leukefeld mit Ali Kadri über Imperialismus und den Krieg in Gaza, eine Rezension von Werner Rügemers Buch Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts und ein Artikel von Gabriel Rockhill über imperialistische Propaganda und die Ideologie der westlichen Linken.

Abschließend lässt sich sagen, dass die World Marxist Review ein zukunftsorientiertes internationales Forum für marxistische Forschung und Diskussion darstellt. Sie bleibt der Weiterentwicklung marxistischer Theorie im Kontext globaler Herausforderungen des 21. Jahrhunderts verpflichtet. Mit einem internationalen Herausgeberteam und Open-Access-Strategie strebt die Zeitschrift an, eine breite Leserschaft zu erreichen und einen bedeutenden Beitrag zur marxistischen Diskussion zu leisten. Dabei wäre eine stärkere Einbeziehung Afrikas und Lateinamerikas wünschenswert. Angesichts der globalen Dynamiken wird die World Marxist Review als bedeutendes Forum für revolutionäre Ansätze zur sozialen Transformation gelten.

  1. 1 https://worldmarxistreview.org/index.php/wmr.

Leserzuschrift von Lothar Peter zu Claudia Brunner: Grammatik des Krieges

(in Marxistische Blätter 4/2024)

In ihrem sehr lesenswerten Artikel entwickelt und konkretisiert die Autorin den erhellenden Gedanken, dass sich Militarisierung in westlichen Gesellschaften, die Gewalt als Konfliktlösung öffentlich aufwendig ächten, nicht nur in »materiellen Erscheinungsformen« wie Rüstungsproduktion, NATO-Manövern und neuen Technologien der Überwachung und Zerstörung äußert, sondern auch als »immaterieller« Prozess vollzieht. Darunter versteht sie die Aktivierung »diskursiver, kognitiver und affektiver« Elemente, mit denen die Bevölkerung zur Akzeptanz von Militarisierung und angeblicher Legitimität von Kriegen für Freiheit und Demokratie bewegt werden soll. Der Vorzug dieser Unterscheidung von materieller und immaterieller Militarisierung besteht darin, dass sie eine schematische Entsprechung ökonomisch-politischer Bedingungen einerseits und staatlich-ideologischer Propagierung von Militarisierung andererseits vermeidet, indem sie auf die zwischen diesen beiden Ebenen vermittelnde Subjektivierung und Verinnerlichung von Rüstungsbefürwortung und Kriegs­bejahung fokussiert. Damit knüpft sie in gewisser Weise an das an, was der französische Soziologe Pierre Bourdieu als »symbolische Gewalt« bezeichnet hat. Darunter versteht Bourdieu die Bereitschaft der gesellschaftlich Beherrschten die an ihnen verübte Gewalt der Herrschenden anzuerkennen und zu verinnerlichen, weil diese Gewalt symbolisch verschlüsselt und als solche nicht erkannt wird.

Damit trage symbolische Gewalt, so der Gedanke Bourdieus, zur Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Herrschaft nicht weniger nachhaltig bei als deren ökonomische und politische Strukturen. Anschaulich stellt Claudia Brunner dar, wie »immaterielle Militarisierung« funktioniert, mit welchen symbolischen Mitteln sie arbeitet und welche Zwecke sie verfolgt.

Trotz seiner Vorzüge lässt der Artikel einige Fragen offen. So stellt die Autorin zwar zutreffend fest, dass die mentale »Normalisierung« von Militarisierung mit einer Legitimierung eingeschränkter Wissenschaftsfreiheit einhergeht, aber sie erklärt nicht, warum das möglich ist, steht diese Einschränkung doch im Widerspruch zur Zentralität von Freiheit im Selbstverständnis der westlichen Moderne. Wie kommt und wie gelingt es, die für den Westen typische Sakralisierung von Freiheit in Wissenschaft und Forschung zumindest teilweise zu widerrufen, in einem Bereich also, wo sie – wie in Deutschland – sogar verfassungsmäßig explizit garantiert wird? Darauf geht Claudia Brunner nicht näher ein.

Weiterhin nimmt sie an, dass die Flut blau-gelber ukrainischen Fahnen in der westlichen Öffentlichkeit anlässlich des Ukraine-Krieges Ausdruck nationalistischer Stimmungen sei. Aber handelt es sich dabei nicht eher um eine symbolische Manifestation der Feindschaft gegen die zum Westen quer liegende politisch-gesellschaftliche Ordnung Russlands als um nationalistische Motive? Dafür spricht etwa die Tatsache, dass sich hier nicht zuletzt Anhänger der Grünen als begeisterte Fahnenschwenker hervortaten.

Überhaupt scheinen die Begriffe »Nation«, »national« und »nationalistisch« vor dem Hintergrund des Artikels einer Klärung zu bedürfen. Claudia Brunner neigt dazu, das Phänomen des Nationalstaats in einen strukturell zwingenden Zusammenhang mit der »kolonial-kapitalistisch-patriarchalen Gesellschaft« zu stellen (63). Zweifellos ist die moderne westliche Gesellschaft sowohl kapitalistisch als auch patriarchal, beide Momente sind ihr – darin ist Claudia Brunner nachdrücklich zuzustimmen – als wesentliche und dominante Merkmale eingeschrieben, aber der Nationalstaat ist geschichtlich nicht darauf beschränkt, nur als organisatorische Basis von Kapitalismus und Patriarchat zu fungieren. Wenn auch Nationalstaatlichkeit in der historischen Durchsetzungsphase des Kapitalismus und später noch die ihm adäquate politisch-territoriale Form gewesen sein mag, so können Nationalstaaten, um nur ein Beispiel zu nennen, auch eine gesellschaftlich und politisch progressive Funktion haben, wie zum Beispiel ihre Konstituierung als Resultat antikolonialer Befreiungskämpfe beweist. Ähnliches gilt für den Begriff des »Nationalen«, der durchaus nicht ausschließlich mit reaktionären Eigenschaften in Verbindung gebracht werden muss.

Es gibt noch einen weiteren Punkt, der in dem Artikel diskutabel erscheint. Claudia Brunner bezeichnet den »Krieg als treibende Kraft des Kapitalismus« (63). Andere Stellen ihres Artikels gehen in dieselbe Richtung. Ihre Formulierungen können hier jedoch Missverständnisse auslösen. Warum? Die »treibende Kraft« des Kapitalismus ist nicht der Krieg, sondern die maximale Verwertung von Kapital. Allerdings bieten Rüstungsproduktion und Krieg unter gegebenen ökonomischen und politischen Bedingungen, wie wir heute wieder drastisch vor Augen geführt bekommen, eine besonders profitable Kapitalanlage. Die Tendenz zu Rüstung und Krieg ist also dem Kapitalismus zwar notwendig immanent, aber sie ist nicht seine »treibende Kraft«. Darauf hinzuweisen, empfiehlt sich aus zwei Gründen. Einerseits wird ein erfolgreicher Kampf gegen Militarisierung, Aufrüstung und Krieg nicht automatisch zum Verschwinden des Kapitalismus mit seinen Widersprüchen und Krisen führen. Andererseits sind aber Abrüstung und die Verhinderung von Kriegen eine zwingende Voraussetzung für das Überleben der Menschheit und damit letztlich auch für die Möglichkeit, Reformen des Kapitalismus zu erreichen und eine sozialistische Perspektive offen zu halten.

Vermutlich wird Claudia Brunner hier gar nicht widersprechen. Die Erwähnung dieses Punktes empfiehlt sich jedoch vor allem deshalb, weil seine Klärung die im linken Milieu immer wieder einmal zu hörende These widerlegt, dass sich Rüstung und Krieg nicht verhindern lassen und der Kampf dagegen illusorisch sei, solange es Kapitalismus gebe.

Ein letzter Punkt: Claudia Brunner plädiert, um »immaterielle« Militarisierung wirksam dekonstruieren zu können, ihrerseits für den Gebrauch einer »militarisierten Sprache«. Aber ist das sinnvoll und notwendig? In ihrem Beitrag selbst wird übrigens nicht deutlich, worin diese »militarisierte Sprache« besteht oder bestehen könnte.

Meine Anmerkungen verringern nicht den Erkenntnisgewinn, den der Artikel von Claudia Brunner vermittelt. Sie mögen deshalb vor allem als Anregung verstanden werden, über dieses oder jenes sich im Zusammenhang ergebende Problem weiter nachzudenken.

Judith B.1 zu
Greg Godels Sicht
auf das BSW

(in Marxistische Blätter 4_2024)

Als langjährige Abonnentin muss ich sagen: Das Heft ist euch insgesamt gut gelungen. Das richtige Thema zur richtigen Zeit. Und als Kommunistin finde ich es immer wieder erfrischend und anregend, wenn die Marxistischen Blätter ausländische Marxist:innen zu Wort kommen lassen. Das gehört sozusagen zum internationalistischen Markenkern der Zeitschrift. Sehr hilfreich für unsere eigenen Debatten über »Imperialismus heute«, Weltordnung und die Frage, wer den Weltfrieden wirklich bedroht, fand ich darum die Beilagen der letzten beiden Ausgaben. Vor allem weil sie Erfahrungen und Sichtweise des Globalen Südens stärker einbringen.

Interessant fand ich auch den Blick des US-amerikanischen Genossen Greg Godels auf die EU-Wahlen und deren Ergebnisse in Deutschland. In vielem kann ich ihm nur zustimmen. Auch in der Frage, dass man die Entwicklung des BSW genau beobachten und gründlich analysieren muss. An einem Punkt regt sich aber mein heftiger Widerspruch. Bei aller Würdigung der friedenspolitischen Bedeutung des BSW würde ich dringend davon abraten, im Bündnis Sarah Wagenknecht pauschal den »an der Arbeiterklasse orientierten antiimperialistischen linken Flügel der Partei Die Linke« zu sehen. Und: »beeindruckende Zugewinne der Linken« – wie er schreibt – hat es in Deutschland weder bei der EU-Wahl, noch bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland gegeben. Sie sind auch bei der bevorstehenden Neuwahl des Bundestages eher unwahrscheinlich. Die Wahlergebnisse sind meines Erachtens vor allem auch Ausdruck der noch nicht überwundenen tiefen Krise der Sozialist:innen nach 1989/90, die auch in der Sozialdemokratie und ihrer Politik unübersehbar ist. Denn die buhlt jetzt mit insgesamt drei Parteien um die Wählergunst: SPD, BSW, Die Linke. Natürlich gibt es zwischen ihnen gewichtige Unterschiede, vor allem in der Außen- bzw. Friedenspolitik. Aber das Selbstverständnis einer »an der Arbeiterklasse orientierten« Partei oder als »parlamentarischer Arm« einer autonomen, kämpferischen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung hat keine dieser drei Parteien. Bleibt die spannende Frage, warum wir Kommunist:innen in der Bundesrepublik von dieser Krise der Sozialdemokratie nicht profitieren. Natürlich hat das viele objektive Gründe, die z. B. in der jahrzehntelangen Geschichte unseres geteilten Landes als Frontstaat der Systemauseinandersetzung (diesseits und jenseits der »Mauer«, die je nach Klassenstandpunkt »Eiserner Vorhang« oder »Antifaschistischer Schutzwall« war). All diese objektiven Gründe oder geschichtlichen Fernwirkungen können wir kaum beeinflussen. Aber wie sieht’s mit den subjektiven aus? Warum gelingen Kommunist:innen z. B. in Griechenland, Belgien oder in Österreich auch Wahlerfolge, von denen wir nur träumen können? Nicht dass ich eine Antwort darauf hätte, aber eine Parteidebatte darüber finde ich bei aller richtigen Handlungsorientierung auf den Friedenskampf nicht nur überfällig, sondern überlebensnotwendig.

  1. 1 Name der Redaktion bekannt.

Editorial

»Scheitern ist keine Option!« mahnte UN-Generalsekretär Guterres. Aber sowohl die COP29 (Klimakonferenz in Baku) als auch die COP 16 (Biodiversitätskonferenz in Kolumbien) sind gescheitert. In erster Linie, weil die reichen Ländern nicht zahlen wollen. Das 1,5 Grad-Ziel ist nicht mehr zu erreichen. Derzeit steuert die Welt bis zum Ende des Jahrhunderts auf 2,6 bis 3,1 Grad Erwärmung zu. Inger Andersen, Chefin des UN-Umweltprogramms, warnte: »Die Konsequenzen einer so extremen Erwärmung für Menschen, Gesellschaften und Volkswirtschaften sind unvorstellbar.«

Aber was ist zu tun? Es sind vor allem die entwickelten Industriestaaten und einige »Schwellenländer«, die nicht nur für den Hauptanteil an klimaschädlichen Emissionen verantwortlich sind, sondern deren Anstrengungen wie die – auch finanzielle – Unterstützung der ärmeren Länder völlig unzureichend sind. Mit der erneuten Wahl von Trump zum Präsidenten übernimmt in den USA die fossile Lobby die Regierungsgeschäfte1, der abermalige Rückzug aus dem Pariser Abkommen ist nur der Anfang. In der BRD lobte sich die Ampel selber für ihre Klimaschutzmaßnahmen, die aber gleichfalls unzureichend sind.

Im ersten Beitrag des Schwerpunkts beschäftigt sich Nina Hager mit Klimaveränderungen in der Erdgeschichte. Seit wann greift der Mensch so gravierend in das Klimasystem der Erde ein, dass anthropogene Einflüsse eine immer entscheidendere Rolle spielen? Und seit wann ist das eindeutig wissenschaftlich belegbar?

Der Technikphilosoph Gerhard Banse betrachtet in seinem Beitrag »Technikentwicklung in Zeiten des Klimawandels« die Rolle der Technik in unserer Gesellschaft. Um dem Klimawandel zu begegnen, bedarf es einer tief in die Gesellschaft eingreifende Transformation: »Vieles daran ist technisch vermittelt bzw. technikbasiert. Für diesen Prozess wird bzw. kann es keine einfachen Lösungen geben.« Anette Schlemm geht in ihrem Artikel »Mit Kompensations-Illusionen ins Klima-Chaos« auf den Irrglauben ein, dass uns »climate engeering«-Techniken davor bewahren werden, durch die Treibhausemissionen verursachten Klimawandel so aufzuhalten, dass wir den Planten nicht überhitzen. Nur eine radikale Abkehr von fossilen Energieträgern kann die Erderwärmung auf einem erträglichen Maß beschränken. Und wir werden an naturbasierten Methoden zur Treibhausreduktion forschen müssen. Welche Möglichkeiten es dafür in der Forschungslandschaft der BRD aktuell gibt, beleuchtet Tina Sanders in ihrem Artikeln »Stand und Kritik an der CDR-Forschung«.

Nina Hager und Tina Sanders machen in »Klimawandel? Klimaschwindel!« auf die Methoden von Leugnern des menschengemachten Klimawandels und die Interessen großer Konzerne aufmerksam, im Zusammenhang mit dem Klimawandel Desinformation zu verbreiten.

Detlef Bimboes stellt in seinem Beitrag an Beispielen dar, wie »Regionalisierung statt Globalisierung – kontra Finanz- und Wirtschaftskonzerne, Banken und Naturverschleiß« zu Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel beitragen kann. Und Ralf Hohmann beleuchtet, wie mit Freihandelsabkommen und privatwirtschaftlich organisierten Schiedsgerichten transnationale Konzerne »Investitionsschutz« gegen sie störende staatliche Umwelt- und Klimaschutz-Politik durchsetzen. Tina Sanders/Nina Hager

  1. 1 https://www.germanwatch.org/de/91725.

Klimawandel in Erdgeschichte und Gegenwart

Nina Hager

Im August 2024 wurden im Mittelmeer Oberflächentemperaturen von über 30 °C (im Mittelwert) gemessen – die höchsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Starkregen und Stürme, deren Wucht zugenommen hat, waren die Folge. Auswirkungen gab es auch auf andere Gebiete Europas. Aus Nordamerika und der Karibik wurden schwere Stürme gemeldet, aus dem Amazonasgebiet eine anhaltende Dürre. Wieder brannten Wälder, gab es schwere Überschwemmungen in Asien und West- wie Zentralafrika. Wetterdienste und Klimaforscher meldeten, dass die Monate Juni, Juli und August im globalen Durchschnitt so warm wie nie seit Beginn der Wetteraufzeichnung waren.

Die zunehmende Heftigkeit solcher Ereignisse ist Folge des Klimawandels, den manche bestreiten, während andere immer noch behaupten, er wäre ein natürlicher Prozess, »ganz normal« wie während der gesamten Erdgeschichte, und heute eben nicht vor allem auch menschengemacht.

Aber welche Klimaveränderungen gab es im Laufe der Jahrmillionen in der Erdgeschichte? Was waren die Ursachen? Die Klimaforscher Stefan Ramsdorf und Hans-Joachim Schellnhuber wiesen in einem Beitrag 2007 darauf hin, dass natürliche Klimaveränderungen »maßgeblich die Evolution und damit auch unsere heutige Existenz« beeinflussten. »Der Rückblick in die Erdgeschichte und das Verständnis der Rahmenbedingungen und Ursachen des natürlichen Klimawandels bilden eine wesentliche Basis zur Einschätzung der aktuellen und zukünftig prognostizierten Klimaänderungen, insbesondere auch zur Beantwortung der Frage nach der Stärke des anthropogenen Einflusses.«1 – Und welche Erkenntnisse führten eigentlich dazu, dass Wissenschaftler seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts davor warnen, dass wir auf Zustände zusteuern könnten, die das gesamte Leben auf der Erde bedrohen bzw. sogar unmöglich machen könnten? Und warum ist es zugleich so schwierig, konkretere Voraussagen zu treffen?

Klimawandel in der Erd­geschichte

In der Erdgeschichte – insgesamt 4,5 Milliarden Jahre – gab es zahlreiche Klimaphasen, die von extremen Kälteperioden, den sogenannten Eiszeiten, bis hin zu warmen Interglazialen2 reichten. Diese Veränderungen wurden durch verschiedene Faktoren verursacht, darunter »kosmische« Ereignisse wie Änderungen der Umlaufbahn der Erde um die Sonne, die in der Vergangenheit etwa alle 100.000 Jahre von einer kreisförmigen zu einer elliptischen wechselte, und die damit im Zusammenhang stehende wechselnde Sonneneinstrahlung. »Aktivitätspausen« der Sonne führten zu kälteren Wintern und Sommern (so z. B. in der 2. Hälfte des 17. bis etwa Mitte des 18. Jahrhunderts, Auswirkungen waren in einigen Regionen der Welt Hungersnöte und Seuchen). Zu den »kosmischen« Einflüssen gehören z. B. auch Einschläge von Asteroiden wie vor 66 Millionen Jahren. Eine wichtige Rolle spielten und spielen in der Erdgeschichte sowie heute zudem atmosphärische Vorgänge sowie kurzzeitige und länger währende vulkanische Aktivitäten, kürzere zyklische Veränderungen von Meeresströmungen wie das El Niño-Phänomen, Änderungen von Teilgliedern der Ozeanzirkulation, das Schmelzen von Gletschern und des Meereises u. a., aber auch langfristige, Jahrhunderttausende bis Jahrmillionen anhaltende Prozesse wie die Plattentektonik, d. h. Verschiebungen von Teilen der Erdkruste, durch die neue Kontinente, Gebirge und Ozeane entstanden. Aber auch die Entstehung und Veränderung der Biosphäre (Gesamtheit der mit Lebewesen besiedelten Schichten der Erde) hatte und hat Auswirkungen auf das Erdklima3. Dies verweist darauf, dass in der Debatte um das Klima auch noch heute und künftig sowohl die natürlichen, vielfältigen »irdischen« wie aber auch kosmische Einflüsse berücksichtigt werden müssen.

Die erste Eiszeit gab es übrigens bereits vor 2,9 Milliarden Jahren. »Vor dem Kältetod ›gerettet‹ wurde die Erde dann vermutlich durch Vulkanausbrüche, die zu erhöhter Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre führten.«4 Wir leben in einer Warmzeit des sogenannten quartären Eiszeitalters. Die jüngste »Kaltzeit« ging vor rund 10.000 Jahren zu Ende.

Als damals das Klima allmählich wärmer wurde, führte die Erwärmung zur Schmelze der Gletscher und zu einem milderen Klima und auch zur Veränderung der Niederschläge (Häufigkeit, Stärke). Dieses förderte das Wachstum von Pflanzen und die Ansiedlung von Tieren. Die Gletscherschmelze und die veränderten Niederschlagsmuster förderten die Entstehung fruchtbarer Böden. Die Menschen begannen sesshaft zu werden, Landwirtschaft zu betreiben. Dauerhafte Siedlungen entstanden, später Städte. Die neolithische Revolution, die etwa vor 10.000 bis 12.000 Jahren begann, war ein entscheidender Wendepunkt in der Menschheitsgeschichte, da sie den Übergang von nomadischen Jägern und Sammlern zu sesshaften landwirtschaftlichen Gemeinschaften markierte.

Schon damals hatte die Tätigkeit der Menschen lokale oder regionale Auswirkungen auf die natürlich Umwelt und das lokale bzw. regionale Klima (anthropogene Einflüsse). Zum Beispiel durch die Entwaldung größerer Flächen oder übermäßige Wassernutzung. Das »erfuhr erste nennenswerte Maxima mit den jeweiligen kulturellen Blütezeiten bzw. der Ausweitung der agraren Betätigung, beispielsweise in Mesopotamien« (um 2.500 v. d. Z.), später im Mittelmeerraum durch die Römer.5 Als Energiequellen wurden über lange Zeit vor allem Holz, Torf, Wind- und Wasserkraft genutzt, dagegen Kohle, Öl und Gas, also fossile Energieträger, nur im geringeren Maße seit dem 13. Jahrhundert (China, Steinkohle). Im großem Maßstab wurde Kohle, später auch Öl und Gas, erst seit Beginn der industriellen Revolution abgebaut bzw. gefördert und genutzt.

Mit der industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert begann die massive Verbrennung fossiler Brennstoffe, was zunächst zu einem allmählichen, in den letzten Jahrzehnten immer deutlicherem Anstieg der Treibhausgase, vor allem von CO2, in der Atmosphäre führte. Zudem setzen viele industrielle Prozesse – z. B. die Herstellung von Zement, Chemikalien und Metallen – Treibhausgase und andere Schadstoffe frei. Nicht nur die Atmosphäre, sondern auch Boden, Grundwasser und Flüsse wurden, vor allem seit etwa 1850, durch die industrielle Produktion immer stärker belastet. Die Ausweitung der Landwirtschaft und ihre »Industrialisierung« führte zu einer zunehmenden Emission von Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Aber die weitere Urbanisierung, wachsende Städte (und damit die Versiegelung immer größerer Flächen) und der zunehmende Verkehr sowie das Militär und Kriege6 trugen im Laufe der Zeit zum Anstieg des Ausstoßes von Treibhausgasen bei.

Eine ganze Reihe von Forschern, vor allem Agrarwissenschaftler, sahen im 19. Jahrhundert relativ früh die negativen Auswirkungen der Industrialisierung vor allem in der Landwirtschaft, also die Auswirkungen menschlichen Handelns auf den dadurch betroffenen Bereich der Natur, in erster Linie die Bodenerschöpfung. Während seiner Arbeit am ersten Band des »Kapital« beschäftigte sich Karl Marx mit einer Reihe von Veröffentlichungen zu diesem Thema. So mit den Arbeiten des Chemikers Justus Liebig. Der bezeichnete das damalige »moderne« landwirtschaftliche System als »Raubwirthschaft«, die nicht »nachhaltig« sei und »warnte vor einem Zeitalter der Hungersnöte, Rohstoffkriege und dem Zerfall der europäischen Zivilisation, die mit der Bodenerschöpfung die materielle Grundlage ihres Bestehens verlieren würde«7.

Marx zog daraus und aus anderen Untersuchungen Schlussfolgerungen. Seine Überlegungen mündeten im 1. Band des Kapitals in der Aussagen: »Mit dem stets wachsenden Übergewicht der städtischen Bevölkerung, die sie in großen Zentren zusammenhäuft, häuft die kapitalistische Produktion einerseits die geschichtliche Bewegungskraft der Gesellschaft, stört sie andrerseits den Stoffwechsel zwischen Mensch und Erde«.8 Er endet: »Und jeder Fortschritt der kapitalistischen Agrikultur ist nicht nur ein Fortschritt in der Kunst, den Arbeiter, sondern zugleich in der Kunst, den Boden zu berauben, jeder Fortschritt in Steigerung seiner Fruchtbarkeit für eine gegebne Zeitfrist zugleich ein Fortschritt im Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit. (…) Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter.«9

Wie sein Freund und Mitstreiter beschäftigte sich auch Friedrich Engels mit wissenschaftlichen Erkenntnissen seiner Zeit. Er hatte aber zu Hause in Barmen und während seiner ersten Zeit in Manchester erste eigene Erfahrungen gewonnen, wie die zunehmende Industrialisierung und das Profitstreben die Umwelt zerstörten sowie die Gesundheit und Leben der Arbeiterinnen und Arbeiter sowie ihrer Familien. In der Einleitung zur »Dialektik der Natur« verwies er darauf, dass der Mensch »nicht nur Pflanzen und Tiere versetzte, sondern auch den Aspekt, das Klima seines Wohnorts, ja die Pflanzen und Tiere selbst so veränderte, daß die Folgen seiner Tätigkeit nur mit dem allgemeinen Absterben des Erdballs verschwinden können«.10 Doch diese Folgen sah er nicht nur positiv: Das menschliche Handeln kann zur bewussten, behutsamen Veränderung der natürlichen Umwelt führen, aber auch zu Verwüstungen und Zerstörung und damit der Zerstörung wesentlicher Lebensbedingungen der Menschen.

Seit ca. 1850 zeigten die Werte von Temperaturmessungen an der Erdoberfläche eine deutliche Erwärmung, allerdings mit Schwankungen von Jahr zu Jahr (vor allem auch wegen natürlicher Einflüsse) und nicht überall auf unserem Planeten gleich. Ein gravierender Temperaturanstieg wurde erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts festgestellt. Seit etwa 1970 war jedes neue Jahrzehnt wärmer als das vorhergegangene.

Treibhauseffekt, CO2, Methan und Lachgas als »Klimakiller«

Klimadebatten gab es bereits zu Zeiten der Aufklärung im 18. Jahrhundert11. Doch für die weitere Erforschung und das Verständnis des Klimas auf der Erde war eine Entdeckung des französischen Mathematikers und Physikers Joseph Fourier im Jahr 1824 wesentlich12. Er hatte berechnet, dass ein Himmelskörper mit der Größe der Erde und der Entfernung von der Sonne nicht so warm sein dürfte wie er ist. Eine Erklärung war, »dass die von der Sonne kommende Energie in Form von sichtbarem und ultraviolettem Licht leicht durch die Erdatmosphäre hindurchkam und die Erdoberfläche erwärmte, aber die anschließend von der Oberfläche der Erde abgestrahlte ›nicht leuchtende Wärme‹ (Infrarotstrahlung – NH) schafft es nicht so leicht zurück in die entgegengesetzte Richtung«. Die erwärmte Luft musste, so Fourier, wie eine isolierende Kunstdecke wirken. Detailliertere Messungen waren mit der damals zur Verfügung stehenden Technik jedoch nicht möglich.

In den 1850er-Jahren experimentierte die US-Amerikanerin Eunice Foote, die auf dem Gebiet der Atmosphärenchemie forschte, mit Wasserdampf und Kohlendioxid (CO2). Letzteres lasse die Temperatur steigen. Sie folgerte, dass »eine Atmosphäre mit diesem Gas unserer Erde eine hohe Temperatur verleihen« würde. Um 1862 erforschte der irische Physiker John Tyndall den natürlichen Treibhauseffekt und stellt fest, dass es neben CO2 auch weitere Treibhausgase gebe. Diese trügen zur Erwärmung der Erdatmosphäre bei. Der schwedische Chemiker Svante Arrhenius (1859–1927) berechnete die Auswirkungen von CO2-Emissionen auf das Klima und entwickelte ein mathematisches Modell, das zeigte, dass eine Verdopplung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre zu einer signifikanten Erhöhung der globalen Temperaturen führen könnte. Guy Stewart Callendar, ein britischer Ingenieur und Wissenschaftler, verbreitete in den 1930er Jahren die Idee, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe den CO2-Gehalt in der Atmosphäre erhöht und somit das Klima beeinflusst. Er stellte fest, dass die Temperaturen in den letzten Jahrzehnten gestiegen waren. Ursache sei der Anstieg von CO2.

Ein paar Jahre später, mitten im zweiten Weltkrieg, beschäftigt sich der deutsche Meteorologe Hermann Flohn im Reichsamt für Wetterdienst mit der Frage, wie Menschen das Klima verändern. Er erforschte die Wirkung von Städten, Stauseen und Wäldern auf das lokale Mikroklima und die Industrie-Emissionen wie CO2, aber auch Staub und Ruß. Flohn warnte, dass die noch sehr langsame Erhöhung der Temperatur fortschreiten werde. Damit werde aber die Tätigkeit des Menschen zur Ursache einer erdumspannenden Klimaänderung, deren zukünftige Bedeutung niemand ahnen könne.13

Aber immer noch zweifelten viele Forscher, dass die Klimaerwärmung tatsächlich auf menschlichen Einfluss zurückzuführen sei. Noch waren Messungen zum CO2-Gehalt der Atmosphäre schwierig und natürliche CO2-Quellen wurden als viel wirksamer erachtet als die Verbrennung fossiler Brennstoffe. 1957 stellen Roger Revelle, ein US-amerikanischer Ozeanograf und Hans Suess, ein österreichische physikalischer Chemiker und Kernphysiker, jedoch fest, dass der Anteil des CO2-Isotops aus fossilen Quellen in der Atmosphäre gestiegen sei und auch nicht im vermuteten Maße von den Ozeanen wieder aufgenommen wurde. Weitere Untersuchungen Ende der 50er Jahre bewiesen einen klaren Anstieg von CO2 in der Atmosphäre und den Zusammenhang mit menschlichen Aktivitäten.

Doch es dauerte noch Jahre, bis dies von einer breiteren Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen wurden. 1971 meldete sich zum ersten Mal die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) zu Wort und warnte davor, dass der Klimawandel spätestens in zwei, drei Generationen unumkehrbar sein könnte. Ein wichtiger Meilenstein war die Veröffentlichung des Berichts des »Club of Rome« im Jahr 1972, der die potenziellen Auswirkungen des Wachstums der Bevölkerung und der Industrie auf die Umwelt auch für eine breitere Öffentlichkeit thematisierte.

Nur einige Beispiele aus den folgenden Jahren, die deutlich machen, dass es schon vor vielen Jahren genügend Hinweise und Mahnungen aus der Wissenschaft gab, die auf den Klimawandel und die sich daraus ergebenden Folgen aufmerksam machten:

1979 wurden auf der ersten Weltklimakonferenz, die von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) organisiert wurde, wissenschaftliche Erkenntnisse über den Klimawandel und seine möglichen Folgen diskutiert. In den 1980er Jahren wurde die Forschung zum Klimawandel intensiver. 1985 warnte zum Beispiel die DPG: Durch die stark zunehmenden Treibhausgas-Emissionen könnte die Welt-Durchschnitts-Temperatur in den nächsten 50 bis 100 Jahren um mehrere Grad, die Meeresspiegel um fünf bis zehn Meter ansteigen. 1988 wurde das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) gegründet. Der erste IPCC-Bericht 1990 warnte bereits vor den potenziellen Auswirkungen des Klimawandels. Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen seien nötig. 1992 wurde in New York die »United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC« verabschiedet – eine UNO-Rahmenkonvention, die eine Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre auf einem Level anstrebte, das gefährliche durch den Menschen verursachte Störungen des Klimasystems ausschließt.

Bis heute sind die getroffenen Maßnahmen gegen den Klimawandel völlig unzureichend. Die WMO in Genf berichtete im Oktober 2024, seit Beginn der Menschengeschichte sei die Konzentration der klimaschädlichen Gase noch nie so schnell, so stark gestiegen wie in den vergangenen 20 Jahren. Allein der CO₂-Anstieg betrug seit 2004 etwa 11,4 Prozent. 2023 lag der Anstieg höher als im Jahr davor, seit Beginn der Industrialisierung stieg die globale Konzentration von Kohlendioxid um gut 50 Prozent, von ca. 280 ppm auf heute 422 ppm.

Der Physiker Karl Lanius (1927–2010) stellte bereits vor 16 Jahren fest: »Unser Einwirken auf das Klimasystem der Erde hat ein Ausmaß angenommen, welches bereits eine Störung des Gleichgewichts im System bewirkt hat. (…) Es steht zu befürchten, dass die anthropogenen Einflüsse die Antriebsfaktoren des Klimasystems bereits so stark verändert haben, dass ein unumkehrbarer Prozess eingeleitet worden ist. Sein Ausgang ist nicht vorhersagbar.«14

Erforschung des Klimawandels: Nichtlinearität, komplexe Systeme und Wechselwirkungen

Das erste »Netz« zur Beobachtung des Wetters entstand bereits 1780. Von Russland bis Grönland wurde damals ein Netzwerk von Beobachtungsstationen eingerichtet. Heute sind Wetterbeobachtungsstationen natürlich mit den modernsten Forschungs- und Kommunikationsmitteln ausgerüstet, aber auch die Beobachtung des Wetters aus der Luft oder den erdnahen Weltraum mit Hilfe von Satelliten ist »Alltag«. Expeditionen »vor Ort«, so in der Arktis, der Antarktis usw., ergänzen die Beobachtungen.

Doch Klimaforschung bedeutet weitaus mehr als »Beobachtung von Wetter« und Wettervorhersage. Denn das »Klima und seine Veränderungen sind Ergebnis vielfältiger Wechselwirkungen thermohydrodynamischer, chemischer, biologischer und anderer Prozesse im ›Erdsystem‹«.15 Dieses ist hochkomplex und gegenüber dem Weltraum »offen«. Es umfasst

  • die Atmosphäre,
  • die Hydrosphäre (Gewässer, Flüsse, Ozeane, alles in gasförmiger, flüssiger und fester Form auf der Erde vorkommende Wasser),
  • die Lithosphäre (die Gesteinsschicht (Lithosphäre) bestimmt u. a. die Verteilung von Land und Meer und damit ganz entscheidend auch die klimatischen Verhältnisse auf der Erde),
  • die Pedosphäre (die Trennschicht zwischen Lithosphäre und Atmosphäre. Sie bezeichnet gleichzeitig jenen Teil der Erdoberfläche, in der sich Atmosphäre, Biosphäre, Hydrosphäre, Kryosphäre und Lithosphäre überschneiden und miteinander interagieren – den Boden16),
  • Kryosphäre (Schnee, zugefrorene Gewässer, Meereis, Gletscher, Eisschilde, Schelfeis, Permafrost) und
  • die Biosphäre

einschließlich der anthropogenen Veränderungen17. Klimaveränderungen haben Auswirkungen auf Wetterereignisse, auf Niederschlagsmuster, auf Meeresströmungen, auf die Temperatur der Meere, auch auf andere Gewässer, auf Böden, Pflanzen, die Tierwelt. Hier gibt es Rückkopplungsprozesse wie zum Beispiel, dass mittlerweile die Ozeane und Meere in aller Welt ihre Fähigkeit zur weiteren CO2-Speicherung verlieren oder bereits verloren haben. Einflüsse gibt es aber auch auf die Gesundheit von Menschen, auf den Zugang zu sauberem Wasser, auf die Ernährungssicherheit usw. Dies sowie die Tatsache, dass manche Prozesse in der Realität schneller ablaufen als zuvor berechnet (zum Beispiel die Schmelze des Eisschildes in der Antarktis) oder zu anderen Resultaten als erwartet führen, macht vielleicht klar, dass Modelle, mit denen versucht wird, Prognosen für den weiteren Verlauf des Klimawandels zu erstellen, immer nur einen Teil der Realität abbilden können.

Die Erforschung der vor sich gehenden Prozesse bedarf deshalb umso mehr der internationalen inter- und transdisziplinären Zusammenarbeit, d. h. einerseits des Zusammenwirkens von Forscherinnen und Forschern aus unterschiedlichen Wissenschaftsgebieten und zudem des Zusammenwirkens von Wissenschaftlern unterschiedlicher Fachgebiete auch mit nichtakademischen Gruppen18. Und vor allem müssten deren Folgerungen und Vorschläge letztlich nicht nur zu entsprechenden nötigen Entscheidungen in Politik, Industrie, Landwirtschaft, Verkehr usw. führen, sondern – auch wenn das 1,5-Grad-Ziel nicht mehr zu erreichen ist – endlich konsequent und in allen Bereichen umgesetzt werden.

Literatur

Karl-Heinz Bernhardt: Der Klimawandel – Erscheinung und Wesen. In: Zur Kopplung von Erd- und Weltraumwetter, Hrsg. Klaus Dethloff/Dietrich Spänkuch, Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät Bd. 148, trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2021. (Alle Sitzungsberichte sind über https://leibnizsozietaet.de/publikationen/sitzungsberichte/ zugänglich).

Karl Lanius: Tipping Points – Beispiele aus Natur und Gesellschaft. In: Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin Bd. 107/2010, trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2010.

Leibniz Sozietät der Wissenschaften e. V.

Klima und Menschheit. Hrsg. Dietrich Spänkuch, Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, Bd. 129, trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2016.

Klimawandel – Anzeichen, Ursachen, Folgen. Hrsg. Gerhard Pfaff/Reinhard O. Greiling/Roland Pail, Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, Bd. 144, trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist, Berlin 2020.

Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften (2022): https://www.leopoldina.org/wissenschaft/klimaforschung/.

Jürgen Paeger: Die Klimageschichte der Erde. https://www.oekosystem-erde.de/html/klimageschichte.html.

Stefan Rahmstorf/Hans Joachim Schellnhuber: Der Klimawandel. Diagnose, Prognose, Therapie, Verlag C. H. Beck, München 2007.

  1. 1 S. Rahmstorf/H. J. Schellnhuber (2007): Der Klimawandel. Diagnose, Prognose, Therapie. 144 S., München (Beck). – Zitiert nach: Olaf Bubenzer/Ulrich Radtke: Natürliche Klimaänderungen im Laufe der Erdgeschichte, Potsdam 2007, S. 17.

  2. 2 Interglaziale: Warmzeit, Zwischeneiszeit.

  3. 3 Siehe den letzten Abschnitt.

  4. 4 https://www.oekosystem-erde.de/html/klimageschichte.html.

  5. 5 Rüdiger Glaser: Klimabeeinflussung durch den Menschen. https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/klimabeeinflussung-durch-den-menschen/4150.

  6. 6 Der Ukraine-Krieg verursachte 2023 insgesamt einen CO2-Ausstoß von etwa 120 Mio. Tonnen. Siehe: 20 years climate focus. Climate damage caused by Russia’s war in Ukraine (First and second interim assessments). https://climatefocus.com/publica_ons/climate-damage-caused-by-russias-war-in-ukraine.
    Die Treibhausgasemissionen durch das Militär werden heute insgesamt weltweit auf mindestens 1.644 und bis zu 3.484 Mio. Tonnen im Jahr geschätzt, 3,3–7,0 % der globalen Emissionen. (https://at.scientists4future.org/2023/05/15/co2-stiefelabdruck-des-militars/).

  7. 7 Volker Külow: Der »unheilbare Riss«. Über den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur in dem neu erschienenen Band IV/18 der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA). In: Marxismus und Ökologie, junge Welt, Ausgabe vom 5.5.2020, S. 12.

  8. 8 Karl Marx: »Das Kapital«. Bd. 1. In: MEW, Bd. 23, Dietz Verlag Berlin 1968, S. 528.

  9. 9 Ebenda, S. 529–530.

  10. 10 Friedrich Engels: Dialektik der Natur. Einleitung. In: MEW, Bd. 20, Dietz Verlag Berlin 1962, S. 323.

  11. 11 Siehe z. B. Franz Mauelshagen: Ein neues Klima im 18. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Jg. 10 (2016), Nr. 1, S. 39–57.

  12. 12 Zur Forschungsgeschichte siehe z. B. https://skepticalscience.com/.

  13. 13 Flohn, Hermann: Die Tätigkeiten des Menschen als Klimafaktor. In: Zeitschrift für Erdkunde, 9 (1–2)/1941. S. 13–22.

  14. 14 Karl Lanius: Tipping Points – Beispiele aus Natur und Gesellschaft. In: Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin Bd. 107/2010, trafo Wissenschaftsverlag, Dr. Wolfgang Weist Berlin, S. 7 f.

  15. 15 Karl-Heinz Bernhardt: Der Klimawandel – Erscheinung und Wesen. In: Zur Kopplung von Erd- und Weltraumwetter, Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät Bd. 148/2021, trafo Wissenschaftsverlag Dr. Wolfgang Weist Berlin, S. 22.

  16. 16 https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/informationsportal-klimawandel/klimasystem/geosphaeren/pedosphaere.

  17. 17 Karl-Heinz Bernhardt: Der Klimawandel – Erscheinung und Wesen, S. 22.

  18. 18 Umso problematischer ist, dass Forschungseinrichtungen in der EU – auch in der Bundesrepublik –, in den USA u. a. im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg ihre Forschungskooperation mit russischen wissenschaftlichen Instituten eingestellt haben. So beispielsweise bei Forschungen in der Arktis.

Technikentwicklung in Zeiten des Klimawandels

Gerhard Banse

Wir leben in einer technisierten Welt. Die Nutzung von Technik beeinflusst und verändert – beginnend insbesondere mit der Industrialisierung im 18. und 19. Jahrhundert – unser Leben in allen Bereichen auf vielfältige Weise, z. B. hinsichtlich Arbeit, Lernen, Freizeit, Mobilität oder Kommunikation. Auch die Auswirkungen auf das Klima werden immer deutlicher.

I.

Technik ist eine produktive Kraft, die es den Menschen ermöglicht (genauer: ermöglichen kann!), ihre natürliche und gesellschaftliche Umwelt rationeller zu nutzen und zu gestalten, ihre Existenzgrundlagen zu erhalten bzw. zu erweitern und somit ihren Freiheitsbereich zu vergrößern. Technik wird als Mittel im menschlichen Arbeitsprozess, d. h. für die »zweckmäßige Tätigkeit zur Herstellung von Gebrauchswerten, Aneignung des Natürlichen für menschliche Bedürfnisse«1 genutzt.

Technik ist stets Produkt wie Mittel menschlicher Tätigkeit und damit notwendige Grundlage gesellschaftlicher wie individueller Existenz. Sie ist Ergebnis und Erscheinungsform gesellschaftlicher Entwicklung, Resultat der praktischen Tätigkeit des Menschen und Produkt der historischen Entwicklung der Gesellschaft. Die jeweilige konkret-historische Entwicklungsstufe der Gesellschaft, die Produktionsweise, bestimmt Möglichkeiten, Ziele und Grenzen der technischen Entwicklung, denn in ihr werden die Bedürfnisse entwickelt, die technisch wirksam werden, und die gesellschaftlichen Bedingungen entscheiden darüber, ob bestimmte mögliche technische Lösungen realisiert werden oder nicht.

Technik »ragt« nun in die Gesellschaft auf sehr vielfältige Weise hinein bzw. ist mit ihr untrennbar verbunden, vor allem

  • ökonomisch, da Technik in Wertschöpfungs- und Verwertungsprozesse eingebunden ist;
  • politisch, da es z. B. einen rechtlichen »Rahmen« gibt, in dem Herstellung und Nutzung von Technik erfolgen müssen;
  • sozial, da Technikverwendung Arbeitsprozesse, Kooperationsbeziehungen sowie Freizeit beeinflusst;
  • kulturell, da durch Techniknutzung Handlungsmuster und -praxen verändert werden;
  • individuell-mental, da menschliche Vorstellungen (Erwartungen und Hoffnungen, aber auch Ängste und Befürchtungen) einen technischen Bezug haben.

Werden soziale (vor allem sozio-ökonomische) Zusammenhänge sowohl der Entstehung wie der Verwendung bzw. Nutzung technischer Sachsysteme als unabdingbar angenommen, dann wird Technik als »sozio-technisches« System unterstellt, Technik mithin als soziales »Phänomen« betrachtet: »Ein soziotechnisches System ist (…) ein Handlungssystem, in dem personale und soziale Funktionsträger mit Sachsystemen aggregiert sind«, oder anders: »(…) personale bzw. soziale Systeme einerseits und Sachsysteme andererseits [gehen] in soziotechnischen Systemen eine integrierte Handlungseinheit ein«2.

So gefasst bezeichnet Technik nicht nur die von Menschen gemachten Gegenstände (technische Sachsysteme, »Artefakte«), sondern schließt auch deren Entstehungs- und Verwendungszusammenhänge ein (also das »Gemacht-Sein« und das »Verwendet-Werden«). Damit wird Technik nicht als etwas Statisches angesehen, sondern zu einem Bereich mit Entstehung, Dynamik und Wandel. Auf diese Weise wird es dann möglich, sowohl Richtungen und Verlaufsmuster der Technisierung zu erkunden bzw. zu beschreiben als auch Eingriffsmöglichkeiten aufzudecken. Der Rahmen des Technischen wird dabei um das Gesellschaftlich-Wünschenswerte bzw. -Durchsetzbare (»Akzeptable«), das Ökologisch-Sinnvolle sowie das Human-Vertretbare erweitert.

Effekte der Technisierung sind in erster Linie die Ersetzung und die Erweiterung menschlicher Arbeitsfunktionen durch technische Lösungen. Ökonomisch wird technischer Wandel vor allem über die ökonomische Rationalisierung (die Kostenreduktion bezogen auf Erzeugniseinheiten gleicher Qualität), damit verbunden aber auch in Form des »moralischen Verschleißes« und der »schöpferischen Zerstörung«3 wirksam. In sozialer Hinsicht sind mit dem Einsatz und der Nutzung technischer Systeme besonders Prozesse der Institutionalisierung und der Sozialisation verbunden, deren Besonderheit hier in der Persistenz und Konsistenz technisch vermittelter Beziehungen besteht. (Institutionalisierung bedeutet die Verfestigung von sozialen Beziehungen durch technische Artefakte und materielle Kultur; Sozialisation meint Prozesse der Einpassung von Menschen in diese Beziehungsgeflechte, in deren Verlauf sie sich, aber auch die Beziehungen verändern.)

Das Niveau der Entwicklung in Technik, Wissenschaft und Produktion – in den materiellen Produktivkräften insgesamt – bedingt und bestimmt zu einer bestimmten Zeit ein objektives, mehr oder weniger breites Möglichkeitsfeld, innerhalb dessen nur weitere Entwicklung erfolgen kann. In jeder historischen Etappe stehen dem Menschen nur bestimmte Möglichkeiten für die Vervollkommnung oder Neuschaffung von Technik zur Verfügung; sie wurden durch die gesamte vorausgegangene Geschichte der Menschheit vorbereitet4.

Dieses Feld objektiver Möglichkeiten für weitere Entwicklungen – als Resultat (Resultante) der Tätigkeit vorangegangener Generationen – ist auf den unterschiedlichsten technischen Ebenen vorhanden – von einzelnen technischen Systemen oder deren Elementen bis hin zu technisch-technologischen Komplexen (z. B. für Energieerzeugung oder Transport) und technischen Entwicklungsrichtungen. Die verschiedenen Möglichkeiten der Entwicklung von Technik werden gesellschaftlich bewertet, d. h. das Bestimmen der Bedeutsamkeit technischer Systeme und technologischer Verfahren für den Menschen, das In-Beziehung-Setzen von in diesem Fall zu Schaffendem zur Existenz und Entwicklung der Gesellschaft.

Dabei schränkt sich das Feld des real Möglichen durch das Wirken von zwei Gruppen von Randbedingungen ein:

  • Erstens ist ausgehend vom naturgesetzlich bzw. wissenschaftlich Möglichen zu fragen, was technisch-technologisch realisierbar, gesellschaftlich notwendig und gewollt, ökonomisch machbar und was human vertretbar ist. Dabei sind die gegenwärtigen Bedürfnisse und Interessen bestmöglich mit zukünftigen Erfordernissen zu verbinden.
  • Die zweite Gruppe von Randbedingungen hängt damit zusammen, dass sowohl die Komplexität wie der Systemcharakter technischer Neuerungen (z. B. Wirkungen auf andere Bereiche, Fähigkeit des »Anschlusses« an Vorhandenes, Kompatibilität) zu berücksichtigen sind. Damit wird das Möglichkeitsfeld, das theoretisch sehr groß sein kann, praktisch durch bestimmte Forderungen und Restriktionen stark eingeschränkt (zumal noch politische, rechtliche und andere Sachverhalte in Rechnung zu stellen sind), womit auch sogenannte suboptimale Lösungen realisiert werden können.

Fragt man in der Gegenwart nach den den technischen Wandel treibenden, richtungsgebenden und gestaltenden »Kräften«, nach individuellen und institutionellen Einflussfaktoren, muss man auf das »Tripel« Markt – Macht – Moral verweisen: Markt schließt Tausch, Kooperation, Konkurrenz und Wettbewerb ein, Macht bezieht sich ebenso auf institutionelle (staatliche wie privatwirtschaftliche) administrative Vorgehensweisen und Moral steht als Synonym für das Individuum als Produzent und Konsument, mit seinen Wünschen und Erwartungen, mit seiner Kreativität und Verantwortung, mit seinem Wissen und seinem Wollen, mit seinen Motivationen, Leitbildern und Wertpräferenzen. Dabei wirken die Produktionsverhältnisse – nach Marx – als »Zaum« und zugleich als »Sporn« der Produktivkräfte5, sie unterdrücken bestimmte – von der »inneren Dialektik« her objektiv mögliche – Entwicklungstendenzen, während sie andere stimulieren und fördern. In der gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaft bedeutet das, dass vorrangig jene technische Lösungen, die Gewinn versprechen, gefördert werden (»Sporn«), andere dagegen nicht genutzt werden (»Zaum«), auch wenn ihr Beitrag zur Erreichung der geforderten Klimaziele größer wäre – es sei denn, sie werden staatlich subventioniert (Stichwort: Elektromobilität).

II.

Es ist offensichtlich, dass jede Technik Chancen wie Gefahrenpotenziale in sich vereint. Deutlich wird auch: Einerseits wird von den Techniknutzern gesellschaftliche Entwicklung erwartet, die durch solche Kriterien wie Sozial- und Umweltverträglichkeit gekennzeichnet ist. Andererseits gibt es technischen Fortschritt, der zunächst an innertechnischen Kriterien wie Effizienz, Neuheit, Zuverlässigkeit usw. gemessen wird. Zwischen beiden besteht in unserer stark technisierten Zivilisation eine Abhängigkeit, die jedoch nicht direkt bzw. linear-deterministisch, sondern nur über zahlreiche Zwischenstufen vermittelt ist (etwa durch Bildung, Kultur oder »Zukünfte«). Der US-amerikanische Medienwissenschaftler Neil Postman umschrieb diese »zweischneidige« Situation folgendermaßen: »Jede Technik ist beides, eine Bürde und ein Segen; es gibt hier kein Entweder-Oder, sondern nur ein Sowohl-Als auch.«6

Beim Technikeinsatz kommt es jedoch darauf an, durch geeignete »Rahmenbedingungen« das »Sowohl« zu maximieren und das »Als auch« gleichzeitig zu minimieren. Das erinnert an folgende bekannte Aussage von Friedrich Engels: »Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unsern menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns. Jeder hat in erster Linie zwar die Folgen, auf die wir gerechnet, aber in zweiter und dritter Linie hat er ganz andre, unvorhergesehene Wirkungen, die nur zu oft jene ersten Folgen wieder aufheben.«7 Technisch vermitteltes menschliches Handeln hat stets Ergebnisse, die (weit) in die Zukunft reichten, und damit »Langzeitwirkungen« unterschiedlichster Art (man denke nur an die Waldrodungen für das Bauwesen und für metallurgische Prozesse in der Antike und im Mittelalter oder an den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts). Diese Langzeitwirkungen haben jedoch in den letzten Dezennien nicht nur quantitativ, sondern auch hinsichtlich des bereits überschaubaren Zeitraums (man denke etwa an radioaktive Abfälle) zugenommen – die Klimaproblematik macht das ganz deutlich.

Auf einen wichtigen Unterschied zwischen »Damals« und »Heute« ist jedoch zu verweisen: Im antiken Griechenland war das Folgewissen (gemessen am gegenwärtigen Stand) eher dürftig, gegenwärtig hat man dagegen die prinzipielle Zugriffsmöglichkeit auf

  • einen enormen Wissensfundus einschließlich gewonnener Erfahrungen, bereitgestellt vor allem durch die Wissenschaften,
  • ein breites methodisches Instrumentarium (etwa durch die Möglichkeiten der Mathematisierung und der mathematischen Modellierung) sowie
  • eine entwickelte technische Basis (z. B. die Computertechnik).

Dieses »Sowohl-Als auch« deutet darauf hin, dass Chancen wie Gefahrenpotenziale auf ein vorgängiges (vor allem individuelles, aber auch gesellschaftliches) Wertesystem bezogen werden. Werte sind mehrstellige Relationen, die die Bedeutung von Sachverhalten für den Menschen bestimmen; sie sind bestimmend dafür, dass etwas anerkannt, geschätzt, verehrt oder erstrebt (bzw. abgelehnt, verachtet oder nicht erstrebt) wird. Werte dienen somit zur Orientierung, Beurteilung oder Begründung bei der Auszeichnung von Handlungs- und Sachverhaltsarten, die es anzustreben, zu befürworten oder vorzuziehen (bzw. auszuschließen) gilt.

Diese Werte bzw. Bewertungskriterien sind zumeist sehr vielfältig und zahlreich. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sie eine bestimmte Hierarchie bilden, d. h. nicht alle die gleiche Wertigkeit besitzen und so von unterschiedlichem Einfluss in der Bewertung sind. Diese Rangfolge ist jedoch nicht ein für alle Mal gegeben, sondern wandelt sich mit der Änderung der gesellschaftlichen Bedingungen, Möglichkeiten, Zielstellungen, Forderungen usw. – und differiert auch individuell (wie man an Kaufentscheidungen und Nutzungsmustern feststellen kann). Das schließt ein, dass die Wertehierarchie für jedes Produkt, jedes Verfahren und jede technische Entwicklungsrichtung konkret festgelegt und regelmäßig überprüft werden muss.

III.

Für ökologische Analysen und Beurteilungen technischer Lösungen stehen mehrere – z. T. standardisierte – Methoden (»Werkzeuge«) zur Verfügung, die hier nicht ausführlich(er) dargestellt werden können8. Hervorgehoben seien insbesondere der ökologische, der CO2- und der Wasser-Fußabdruck sowie der »Ökologische Rucksack«. Hinzu kommt die Lebenszyklus-Analyse (LCA) oder Öko-Bilanzierung als systematische Analyse der Umweltwirkungen von Produkten während des gesamten Lebensweges (»from cradle to grave«, »von der Wiege bis zur Bahre«), die im Sinne einer ganzheitlichen Bilanzierung – unter Berücksichtigung der Zeitdimension – die wirtschaftlichen, ökologischen, technischen, sozialen Aspekte einbezieht. Dazu gehören sämtliche Umweltwirkungen während der Produktion, der Nutzungsphase und der Entsorgung des Produktes sowie die damit verbundenen vor- und nachgeschalteten Prozesse (z. B. Herstellung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe). Zu erfassen und zu bewerten sind vor allem9

  • in der Herstellungsphase: Ressourcenbereitstellung und -verbrauch, Energieverbrauch, Toxizität, Raum- und Gebäudebedarf, Transportbedarf (Entfernungen);
  • in der Nutzungsphase: Energieverbrauch, Nutzungsdauer und -muster, direkte und indirekte Induktions- sowie Rebound-Effekte;
  • in der »Auflösungsphase« (Zerlegung, Recycling, Deponierung): Transport-, Energie-, Platzaufwand, Toxizität, Nachnutzung des Standorts.

Auf dieser Grundlage sind vergleichende Bewertungen unterschiedlicher technischer Lösungen möglich (z. B. im Rahmen der Energieerzeugung oder der Mobilität).

Die Anwendung dieser »Werkzeuge« ist indes mit mehreren Problemen verbunden, wie z. B. die Unsicherheit der genutzten Datenbasis, die Subjektivität von Systemgrenzen und Bewertungen, die Nichtberücksichtigung sozialer Implikationen, die Nichtabschätzbarkeit und der nachfolgenden Nichtberücksichtigbarkeit von Wirkungen »höherer« Ordnung, von Langzeit- sowie von kumulativen oder synergetischen Effekten). Der Umgang mit diesen Schwierigkeiten führt zu Kompromissen und suboptimalen Lösungen.

IV.

Vor dem Hintergrund der ökologischen Krise und der beschworenen »Grenzen des Wachstums« bildete sich in den 1980er Jahren das Konzept (besser: Leitbild) der Nachhaltigkeit bzw. nachhaltigen Entwicklung heraus.10 »Nachhaltig« sei eine Entwicklung, »die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können«11. Dieses Leitbild hält mit seinen sozialen, ökonomischen, technischen, ökologischen und institutionell-politischen Komponenten die fundamentalen Überlebens- und Entwicklungsbedingungen sowohl dieser als auch der zukünftigen Gesellschaft durchgängig präsent, denn es basiert auf

  • einer globalen Perspektive (bezogen sowohl auf die Problemanalyse wie auch auf Strategien zu deren Lösung);
  • der untrennbaren Verknüpfung von Umwelt- und Entwicklungsaspekten;
  • der Realisierung von Gerechtigkeit zugleich in der intergenerativen Perspektive (Verantwortung für künftige Generationen) und in der intragenerativen Perspektive (Verantwortung für die heute Lebenden).

Angesichts der offensichtlichen Diskrepanz zwischen der gegenwärtigen, auf enormer Naturausbeutung und Umweltbelastung basierenden Lebensart eines Teils der Menschheit einerseits und den bereits heute absehbaren Erfordernissen für die Sicherung der Existenz- und Entwicklungsbedingungen künftiger Generationen andererseits ist ein Konzept notwendig, das sowohl politisches wie wissenschaftliches, sowohl individuelles wie gesellschaftliches Handeln in seiner »Zukunftsfähigkeit« orientieren und befördern kann – und das ist mit »nachhaltiger Entwicklung« gegeben (bzw. könnte gegeben sein).

Hinsichtlich der offensichtlichen Notwendigkeit von »mehr Nachhaltigkeit« ist auch daran zu erinnern, dass Rückstände (»Exkremente«) der Produktion und Konsumtion in nennenswertem Umfang erst mit Beginn der Industrialisierung auftreten; vorher gab es eine möglichst vollständige Verwertung sowohl der Roh- und Ausgangsmaterialien als auch der aus dem Verwendungszusammenhang ausscheidenden Artefakte. Industrialisierung hieß (und heißt vor allem noch heute) vor allem vermehrter (»exzessiver«) Technikeinsatz. Dieser erst ermöglichte mit das heute bekannte Ausmaß des Eingriffs in die Natur.

Nachhaltige Entwicklung schließt den breiten Dialog über Gestaltungsziele, über Visionen einer zukünftigen Gesellschaft, über Wünschbarkeit, Akzeptabilität und Zumutbarkeit technischer Entwicklungen ein. Erforderlich ist aber auch Wissen vor allem über Ursache-Wirkungs- und Zweck-Mittel-Beziehungen, über Folgen technisch instrumentierten Verhaltens sowie über ökologische, soziale u. a. Effekte der Techniknutzung. Dabei sind mögliche »Bumerang-Effekte« (negative Effekte bzw. Problemlagen von Technologien, Strategien, Entscheidungen usw., die die Überwindung früherer negativer Effekte bzw. Problemlagen zum Ziel hatten) zu beachten.

Die Beantwortung der Frage »Wie kann (bzw. muss!) Technik so gestaltet werden, dass ein Mehr an nachhaltiger Entwicklung möglich wird?« setzt u. a. zunächst voraus, die Fragen zu beantworten, was »nachhaltige« Technik ist und wie beurteilt werden kann, inwieweit ein konkreter Technikeinsatz zu mehr oder zu weniger nachhaltiger Entwicklung, in Sonderheit zu Klimaneutralität führt bzw. führen kann.

Damit ergeben sich (mindestens) folgende zwei Konsequenzen:

  1. Die globalen Nachhaltigkeitskriterien sind an konkreten Technologien, wie der chemischen Technologie, der Energiewirtschaft, der Prozesstechnik usw., zu präzisieren.
  2. Dabei gilt es, eine angemessene Kombination von drei Ansätzen zu realisieren12:
    • Effizienz (d. h. die Reduzierung des Stoff- und Energieverbrauchs je Einheit hergestellter Güter oder Dienstleistungen),
    • Suffizienz (Reduzierung der hergestellten Menge und Nutzung von Gütern/Dienstleistungen) und
    • Konsistenz (Erhöhung der Vereinbarkeit anthropogener mit natürlichen Stoffströmen).

Nachhaltige Entwicklung wird sich technisch vermittelt vorrangig auf der Ebene größerer technischer Einheiten, umfassenderer Mensch-Technik-Systeme oder gar ganzer technischer Entwicklungsrichtungen durchsetzen lassen, da vor allem dort der Bezug zu Nachhaltigkeit deutlich wird bzw. sich dort am ehesten ein (»technikbasierter«) Beitrag zur Umsetzung von Nachhaltigkeit leisten lässt. Man denke an Öffentlichen Personen-Nahverkehr, Energieerzeugung auf der Basis regenerativer Quellen oder Recycling-Technologien.

Mit Blick auf Klimaneutralität im Zusammenhang mit technischen Lösungen geht es insbesondere um die nachhaltige Nutzung erneuerbarer wie nicht-erneuerbarer Ressourcen (zu bedenken ist, dass die Anzahl der industriell genutzten Metalle in den zurückliegenden 100 Jahren enorm zugenommen hat) sowie der Umwelt als Senke (man denke nur an die Kohlendioxid-Emissionen u. a. in die Atmosphäre).

Neben dem Potenzial technologischer Lösungen an bzw. für Nachhaltigkeit und Klimaneutralität (das unterschiedlich groß bzw. klein sein kann) ist auch nach den Bedingungen zu fragen, unter denen sich dieses Potenzial realisieren lässt. Als Beispiel sei aus einem »Positionspapier« führender Wissenschaftsakademien Deutschlands zitiert: »Um das Energiesystem weitgehend CO2-neutral zu gestalten, reicht es nicht, weitere Windräder und Photovoltaikanlagen aufzustellen. Es braucht auch innovative Technologien, um die Energiebereitstellung aus Erneuerbaren mit dem Verbrauch in Einklang zu bringen, Konzepte zur Gestaltung der künftigen Energiemärkte und eines geeigneten Regulationsrahmens sowie Wissen, wie die Energiewende politisch koordiniert werden kann. Kurz gesagt braucht es den Blick ›aufs große Ganze‹ durch sektorübergreifende, interdisziplinäre Betrachtung. (…) Für das künftige Energiesystem sind neue Strategien der sicheren Betriebsführung zu entwickeln, die der dezentraleren Struktur gerecht werden. Diese Strategien müssen sowohl den flexiblen Anforderungen der Märkte als auch den Anforderungen an Sicherheit, Resilienz und Zuverlässigkeit digitalisierter Energieinfrastrukturen genügen.«13

»Nachhaltigkeit« muss zuerst im Prozess des Entwurfs und der Gestaltung technischer Lösungen und sodann auch im Verwendungshandeln einen angemessenen Platz haben, denn: Über die individuelle Verwirklichung der Potenziale von Technik entscheidet sodann zusätzlich eine Kombination aus Technikgebrauch, Lebensstil und Konsumentenverhalten.

V.

Wird das Erkenntnisinteresse auf die »Konstellation« des o. g. Möglichkeitsfeldes technischer Lösungen selbst, auf die Kräfte, die es strukturieren und beeinflussen, sowie auf die »Mechanismen« gelenkt, dann kann man zeigen, wie es zu dem faktisch aufweisbaren Verlauf gekommen ist. Dazu sind die Akteure des technischen Wandels (insbesondere Erfinder, Wissenschaftler, Unternehmen, staatliche Institutionen usw.) ebenso zu kennzeichnen wie die konkreten Wahl- und Entscheidungssituationen (z. B. infolge der natürlichen Gegebenheiten, der individuellen Zielsetzungen, des unternehmerischen Selbstverständnisses und der vorhandenen Infrastruktur, aber auch hinsichtlich des politischen Klimas, der rechtlichen Bedingungen, der ökologischen Verhältnisse und des »Zeitgeistes«) und die vorhandenen »Arenen« (z. B. Parlamente, öffentliche Verwaltungen, Unternehmen, Verbände, Parteien, Gewerkschaften. Bürgerinitiativen usw., aber auch die Medien sowie »der Markt«), unter bzw. in denen die Akteure wirksam werden – vom Erkennen relevanter Problemsituationen über das Erarbeiten, Anbieten und Durchsetzen geeigneter Problemlösungen bis hin zur Gestaltung von politischen, ökonomischen und rechtlichen »Rahmenbedingungen«. Der Zielsetzungs-, Entscheidungs- und Handlungsraum für den technischen Wandel erweist sich einerseits als durch (»gegebene«, d. h. »vorgefundene« oder bereits »hergestellte«) natürliche sowie durch (tradierte und gefestigte) gesellschaftlich-kulturelle Bedingungen (einschließlich etwa ökologischer und ethischer Restriktionen) und individuelle Dispositionen gleichsam »eingerahmt«. Dazu zählen vor allem allgemeine Bedürfnisse, Sinnperspektiven, Lebenserfahrungen und -erwartungen, aber auch die (mediale) Kommunikation über Vor- und Nachteile, »Gewinne« und »Verluste«, Wägbarkeiten und Unwägbarkeiten einer konkreten technischen Lösung (vor dem Hintergrund tradierter Wertvorstellungen!).

Andererseits ist dieser »Rahmen« durch die Veränderung der allgemeinen Bildung, der Medienkompetenz, des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes, des technischen Wissens und Könnens, der materiellen und finanziellen Ressourcen, der Aufnahmefähigkeit und »-bereitschaft« des Marktes sowie der politischen und rechtlichen Bedingungen und Dispositionen erweiter- und gestaltbar.

Die erforderliche Klimawende, d. h. die Erreichung des gesetzlich festgelegten Ziels, bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen, basiert auf zahlreichen weiteren »Wenden«, von der Energie- über die Verkehrs- bis zur Wende alltäglichen Verhaltens. Dabei handelt es sich um eine tief in die Gesellschaft eingreifende Transformation. Die mit der Umstellung der Energiesysteme beispielsweise »verknüpften Folgeprobleme werden weltweit zahlreiche, heute noch schwer abschätzbare Rückwirkungen auf Politik und Gesellschaft haben. Insofern ist die Energiefrage kein rein physikalisch-technisches Problem, sondern auch und vor allem ein gesellschaftspolitisches mit zahlreichen ethischen Implikationen.« (Streffer et al. 2005: 5)

Vieles daran ist technisch vermittelt bzw. technikbasiert. Für diesen Prozess wird bzw. kann es keine einfachen Lösungen geben. Konflikte werden auftreten, Widersprüche werden möglich sein. Mancher eingeschlagene Weg kann sich als Sackgasse bzw. gegenwärtig nicht sinnvoll weiter zu verfolgender Pfad technischer Entwicklung erweisen (z. B. CCS – Carbon Dioxide Capture and Storage; E-Fuels; Kernkraftwerke; Verbrenner-Motoren; Fracking). Für manches wird es mehrere Lösungsmöglichkeiten geben (etwa der Transport von Wasserstoff gebunden an Ammoniak oder in Form von Methan oder Methanol).

»Technologie-Offenheit« bedeutet jedoch nicht, der Klimakrise ausweichen zu können. Im Gegenteil: Wir müssen uns ihr mit allen verfügbaren (auch technischen) Mitteln entgegenstellen, wohl wissend, dass dabei Unvorhersehbares, mannigfaltige Unbestimmtheiten und andere Unsicherheitsfaktoren auftreten werden.

Literatur

Gerhard Banse/Norbert Mertzsch: Einführung. In: Banse, Gerhard; Mertzsch, Norbert (Hrsg.): Lebenszyklusanalysen. Stationen im Lebenszyklus von Technologien und Aspekte ihrer Bewertung. trafo Wissenschaftsverlag, Berlin 2921, S. 7–13 (Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften, Bd. 146).

DANL – Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, Nationale Akademie der Wissenschaften; acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften; Union der deutschen Akademien der Wissenschaften (Hrsg.): Positionspapier: Forschung für ein nachhaltiges Energiesystem. Impulse für das 7. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung. Halle (Saale) a. a. O., 2018 – URL: https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2018_ESYS_Positionspapier_EnergieForschung.pdf

Heinrich Ganthaler/Otto Neumaier/Gerhard Zecha (Hrsg.): Rationalität und Emotionalität. Lit-Verlag, Wien/Münster 2009.

Armin Grunwald: Technik nachhaltig gestalten – Herausforderung für die Technikfolgenabschätzung. In: Folgenabschätzungen – Resonanzen zum 65. Geburtstag von Michael F. Jischa. Hrsg. Christan Berg/Ildiko Tulbure/Ralph Charbonnier. Clausthal (Forum Clausthal) 2002, S. 101–113.

Volker Hauff (Hrsg.) (1987): Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Eggenkamp Verlag, Greven 1987.

Marek Hauptmann/Jens-Peter Majschak: Die Rolle der Nachhaltigkeit in der Konsumgüterproduktion, ihre Einschätzung und Kommunikation am Beispiel der Verpackungstechnik. In: Technologie und nachhaltige Entwicklung. Hrsg. Gerhard Banse/Ernst-Otto Reher, trafo Wissenschaftsverlag, Berlin 2017, S. 99–129 (Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften, Bd. 130).

Joseph Huber: Industrielle Ökologie. Konsistenz, Effizienz und Suffizienz in zyklusanalytischer Betrachtung. Baden-Baden. (2000). (http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-121622).

Neil Postman: Das Technopol. Die Macht der Technologien und die Entmündigung der Gesellschaft. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1992.

Günter Ropohl: Eine Systemtheorie der Technik. Zur Grundlegung der Allgemeinen Technologie.: Carl Hanser-Verlag, München/Wien 1979.

Joseph A. Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie [1942]. 2., erw. Aufl. Bern: Francke Verlag, Bern 1950.

  1. 1 Karl Marx: Das Kapital. 1. Band [1890]. In: MEW, Bd. 23. Dietz Verlag, Berlin 1971, S. 198.

  2. 2 Günter Ropohl: Eine Systemtheorie der Technik. Zur Grundlegung der Allgemeinen Technologie.: Carl Hanser-Verlag, München/Wien 1979, S. 180, 181 f.

  3. 3 Joseph A. Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie [1942]. 2., erw. Aufl. Bern: Francke Verlag, Bern 1950, S. 138.

  4. 4 Vgl. auch Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. In: MEW, Bd. 8. Dietz Verlag, Berlin 1960, S. 115; Karl Marx: Marx an Pawel Wassiljewitsch Annenkow, 28. Dezember 1846. In: MEW, Bd. 27. Berlin: Dietz Verlag, Berlin 1973, S. 452.

  5. 5 Vgl. z. B. Karl Marx: Das Kapital. 1. Band [1890]. a. a. O., S. 526, 633, 641 und 668.

  6. 6 Neil Postman: Das Technopol. Die Macht der Technologien und die Entmündigung der Gesellschaft. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1992, S. 12.

  7. 7 Friedrich Engels: Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen [1876]. In: MEW, Bd. 20, Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 452 f.

  8. 8 Vgl. näher Hauptmann/Majschak 2017, S. 103–114.

  9. 9 Vgl. Gerhard Banse/Norbert Mertzsch: Einführung. In: Lebenszyklusanalysen. Stationen im Lebenszyklus von Technologien und Aspekte ihrer Bewertung. Hrsg. Gerhard Banse/Norbert Mertzsch, trafo Wissenschaftsverlag, Berlin 2021 (Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften, Bd. 146), S. 8.

  10. 10 Der Begriff »Nachhaltigkeit« geht auf den sächsischen Bergrat Hans Carl von Carlowitz zurück, der ihn im Jahr 1713 in seinem Werk »Silvicultura oeconomica« im Sinne eines langfristig angelegten verantwortungsbewussten Umgangs mit der Ressource Holz verwendet hat.

  11. 11 Volker Hauff (Hrsg.): Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Eggenkamp Verlag, Greven 1987, S. 46.

  12. 12 Joseph Huber: Industrielle Ökologie. Konsistenz, Effizienz und Suffizienz in zyklusanalytischer Betrachtung. Baden-Baden. (2000) (http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-121622).

  13. 13 DNLA – Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina und andere: Positionspapier: Forschung für ein nachhaltiges Energiesystem. Impulse für das 7. Energieforschungsprogramm der Bundesregierung. Halle (Saale) – (https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2018_ESYS_Positionspapier_EnergieForschung.pdf): 1, 5).

Können »naturnahe Lösungen« den Klimawandel aufhalten?

Zur CO2-Reduktion durch CDR-Techniken

Tina Sanders

Auch im Jahr 2024 gab es wieder viele Hiobsbotschaften von Naturkatastrophen: mehrere Jahrhundertfluten in Europa, zuletzt mit mehr als 220 Toten in Spanien. Die Amazonas-Region erlebt die längste und schlimmste Dürre seit Jahrzehnten. Sogar die bürgerlichen Medien kommen nicht mehr umhin, hier und da doch mal die Ursache im menschengemachten Klimawandel zu sehen, weil er sich einfach nicht mehr ignorieren lässt. Hinzu kamen jetzt auch noch Berichte, dass wir das 1,5 °C-Ziel des Pariser Abkommen schon gerissen haben. Für 2024 liegt die durchschnittliche Temperatur weltweit 1,5 °C höher als im Vergleichszeitraum 1850 bis 19001.

Hinzugekommen sind noch andere Besorgnis erregende Meldungen, die in einem Artikel des The Guardian im Oktober 2024 mit folgendem Titel zusammengefasst wurde: »Bäume und Land absorbierten letztes Jahr fast keine CO2. Scheitert die Kohlenstoffsenke der Natur?«2 Der Autor fasst zusammen: 2023 war das wärmste Jahr seit Wetteraufzeichnung und gleichzeitig haben die Wälder, die Pflanzen und der Boden fast kein CO2 aufgenommen. Auch für den Ozean gibt es starke Hinweise, dass die wichtige ozeanische Kohlenstoffpumpe deutlich langsamer arbeitet, also weniger CO2 fixiert und in den Sedimenten und Tiefen des Ozeans eingelagert wird.

Diese Hinweise sind deshalb so besorgniserregend, weil die meisten Klimamodelle bisher nicht in Erwägung gezogen haben, dass die natürlichen Kohlenstoffsenken großflächig aufhören könnten, Kohlenstoffsenken zu sein. Das wäre aber der Anfang vom Ende der im Titel dieses Artikels benannten »Nature based solutions«. Nature based solutions – also naturnahe Lösungen – sind Maßnahmen, die die natürliche Funktion der Natur nutzen und versuchen, diese zu intensivieren, um z. B. mehr CO2 zu binden.

In den meisten Szenarien des internationale Klimarates (IPCC), wird davon ausgegangen, dass die Klimaziele nur noch mit einer Netto-Null bis 2050 gehalten werden können.

Was bedeutet heute Netto-Null?

Das wahrscheinlichste Szenario geht davon aus, dass das Klimaziel nur noch eingehalten werden kann, wenn neben einer sehr starken Reduktion der anthropogenen Treibhausgasemissionen auch Prozesse und Maßnahmen eingesetzt werden, um der Atmosphäre mehr CO2 zu entziehen als bisher passiert. Für den Fall sagt das optimistischste Szenario des IPPC voraus, dass wir die 2 °C Grenze halten könnten. Das wahrscheinlichere Szenario sieht einen Anstieg der Temperaturen von mehr als 3 °C bis 2050, inklusive der Maßnahmen zur CO2 Entfernung.

Was können mögliche Lösungen sein, CO2 wieder aus der Atmosphäre zu entfernen?

Um die Konzentration in der Atmosphäre auf einem bestimmten Niveau zu halten, müssen die anthropogenen Emissionen verringert bis gestoppt werden. Gleichzeitig Treibhausgase aus der Atmosphäre zu entfernen – auf natürliche oder technische Art und Weise – hat viele Unsicherheiten und birgt viele Gefahren, die noch untersucht und erforscht werden müssen.

Welche Gefahren vor allem in technischen Verfahren bestehen, beleuchtet Annette Schlemm in ihrem Buch »Climate Engineering« oder auch in dem Artikel in dieser Ausgabe.

­Natürliche versus ­anthropogene Stoffkreisläufe?

Aber beleuchten wir erst einmal den Zusammenhang zwischen den natürlichen Stoffkreisläufen und den anthropogenen Eintrag von Treibhausgasen.

Der Temperaturanstieg ist klar mit der Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre gekoppelt, dazu gehören hauptsächlich CO2, Methan (CH4) und Lachgas (N2O). Diese Treibhausgase werden sowohl natürlich unter unterschiedlichen Bedingungen gebildet und auch wieder abgebaut, als auch durch menschliche Aktivitäten zusätzlich eingetragen. CO2 kann durch Photosynthese wieder in Organik (z. B. Pflanzen, Bäume und Algen) umgewandelt werden. Diese Organik wird entweder schnell innerhalb eines Sommers und einiger Jahre wieder in die Atmosphäre als CO2 entweichen durch Abbau und Veratmungsprozesse (siehe Abbildung A). Sie kann aber auch über mehrere Jahre oder Jahrzehnt eingelagert, im Boden als Humus, in Sedimenten abgelagert werden und ähnliches.

Methan kann geogen oder biogen entstanden sein, also als Erdgas aus dem Boden oder es wird bei Sauerstoffmangel von Mikroorganismen gebildet. Methan ist 27mal klimawirksamer als CO2 und kann aber auch auf natürliche Weise abgebaut und von Mikroorganismen zu CO2 oxidiert werden.

Lachgas entsteht auch unter Sauerstoffmangel, kann aber nur bei Sauerstoffmangel abgebaut werden. N2O ist mehr als 270mal klimawirksamer als CO2, weil es (1) in einem anderen Wellenlängenbereich Energie in der Atmosphäre absorbiert als CO2, es (2) deutlich länger in der Atmosphäre verbleibt und es (3) auch noch die Ozonschicht angreift. Die Lachgas-Konzentration nimmt in der Atmosphäre vor allem stark zu, weil in der Landwirtschaft zu viel Dünger eingesetzt wird. Der Stickstoffkreislauf ist ein bedeutender Nährstoffkreislauf, da der reaktive Stickstoff für alle Lebewesen essenziell ist (Abbildung C). Er hat einen schnell ablaufenden Kreislauf des reaktiven Stickstoffs, in dem anorganischer Stickstoff (Ammonium und Nitrat) in organischen Stickstoff (Proteine) umgewandelt wird und auch umgekehrt. Unter bestimmten Bedingungen, wie zum Beispiel Sauerstoffmangel, wird das Nitrat aus dem schnellen Kreislauf entfernt und geht in den langsamen Kreislauf als molekularer Stickstoff und zu einem kleineren Teil als N2O in die Atmosphäre über. Auf natürliche Weise wird nur sehr wenig N2 wieder zu reaktiven Stickstoff, das können nur ganz spezielle Mikroorganismen und: der Prozess verbraucht viel Energie. Der Weg molekularen Stickstoffs aus der Luft zu reaktivem Stickstoff und wieder zurück wird als langsamer Kreislauf verstanden. Heute wird durch Dünger der Gehalt an reaktiven Stickstoff mehr als verdoppelt. Davon wird ca. 1 Prozent als N2O in die Atmosphäre freigesetzt.

Durch anthropogenen Einfluss haben wir diese natürlichen Kreisläufe verändert. Die natürlichen Senken haben auch anthropogene Treibhausgase aus der Atmosphäre entzogen. Es gibt also keine getrennten natürlichen Stoffkreisläufe und daneben den anthropogegen Stoffkreislauf, sondern sie Verschmelzen und die anthropogen eingebrachte Veränderung, bringt die Kreisläufe ins Ungleichgewicht.

Bei den Stoffkreisläufen müssen wir sowohl die Mengen, die Zeit und die Geschwindigkeit der Raten der Umsetzung betrachten. Für den Kohlenstoffkreislauf ist das in Abbildung A dargestellt. In tieferen Erdschichten sind die fossilen Energieträger wie Erdöl, Erdgas (Methan) seit bis zu mehreren Millionen Jahren eingelagert. Im Jahreszyklus wird CO2 aus der Atmosphäre durch Photosynthese in Organik umgewandelt, die entweder innerhalb eines Jahres wieder zu CO2 wird, wie bei Phytoplankton im Ozean oder Pflanzen oder es wird über einen längeren Zeitraum eingelagert z. B. in Bäumen oder im Sediment. Durch diesen Kreislauf wird theoretisch die Gesamtmenge an CO2 in der Atmosphäre alle 3 bis 5 Jahren wieder umgesetzt. Die anthropogenen Einträge haben die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit 1850 stark ansteigen lassen: beim CO2 von 280 ppm auf 422 ppm aktuell; wenn wir alle Treibhausgase betrachten: auf ca. 530 ppm CO2-Äquivalente.

Ein großer Teil des durch Verbrennung fossiler Energieträger zusätzlich entstandenen CO2 wurde vom Ozean aufgenommen; a) weil CO2 in der Kohlenstoffpumpe durch Photosynthese gebunden wurde oder b) weil sich CO2 aus der Atmosphäre im Ozean gelöst hat. Letzteres hat den negativen Effekt, dass das Meer saurer wird. Grundsätzlich muss hier verstanden werden, dass Gase in der Atmosphäre und im Wasser immer danach streben, im Equilibrium vorzuliegen, also die gleiche Konzentration in der Luft wie im Wasser zu haben. Deshalb hat der Ozean so viel des anthropogen eingebrachten CO2 aufgenommen. Aber ab einem bestimmten Punkt kommt es zu einer Sättigung, abhängig von der Temperatur, dem pH-Wert und der Pufferkapazität (Alkalinität). Je höher die Alkalinität im Ozean ist, umso mehr CO2 kann gelöst werden, ohne den pH-Wert des Meeres zu verändern. In Abbildung B ist der Kohlenstoffkreislauf im Ozean stark vereinfacht dargestellt. Die Alkalinität spielt bei den »nature based solutions« eine wichtige Rolle.

Schaubild A: Kohlenstoffkreislauf an Land
Schaubild B: Kohlenstoffkreislauf im Meer
Schaubild C: Stickstoffkreislauf
Welche Methoden für das CDR sollen in Deutschland erforscht werden?

Ich möchte in diesem Artikel skizzieren, welche Maßnahmen aktuell erforscht werden, um Treibhausgase aus der Atmosphäre zu entziehen. Ich mache das am Beispiel wissenschaftlicher Projekte, die sich mit CDR-Methoden an Land und im Meer beschäftigen und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden.

Das BMBF hat im Rahmen der Forschung für Nachhaltigkeit (FONA) mehrere Forschungsprogramme aufgelegt, die sich eben mit CDR-Methoden an Land (CDR terra) und im Meer (CDR mare) beschäftigen. In einem Video auf der Internetseite des BMBF3 wird in sehr einfachen Worten erklärt, wie es geht, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen und was wir in Zukunft machen werden, um die Klimakrise aufzuhalten. Im Video heißt es, dass Deutschland bis 2045 Treibhausgas-neutral sein wird. Die Emissionen sollen gesenkt werden und ein kleiner Teil CO2 wird aus der Atmosphäre entfernt und dauerhaft gespeichert. Wie genau das gehen soll, wird aber nicht erklärt. Wir erfahren aber, dass die Forschung auch ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen beantworten muss. Dann werden einige Ideen in den Raum geworfen, z. B. große Filteranlagen, die CO2 ansaugen oder mithilfe von Sonnenenergie zu Kohle umwandeln; es gelte mehr Bäume anzupflanzen, die auch in die Nahrungsmittelproduktion eingebunden sind; oder: mehr Seegraswiesen im Ozean. Das hört sich alles herrlich einfach an.

Die BMBF-Seite gibt einen Überblick über Projekte, die gefördert werden. Die scheinen dann auch seriöser mit der Frage nach dem »Wie« umzugehen. Folgende Ideen sind dort für den Bereich CDR terra aufgelistet.

»Die Forschungsprojekte untersuchen folgende CDR-Methoden:

  • Direkte Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre mit anschließender langfristiger Speicherung des Kohlenstoffs (Direct-Air-Capture and Carbon Storage – DACCS),
  • Biokohle und Pyrolyse von Biomasse (biochar),
  • beschleunigte Verwitterung von Gesteinen (enhanced weathering),
  • erhöhte Kohlenstoffspeicherung im Boden,
  • Bioenergie mit anschließender Abscheidung und Speicherung des CO2 (Bioenergy with Carbon Capture and Storage – BECCS),
  • Aufforstung und Wiederaufforstung (afforestation/reforestation) sowie forstwirtschaftliche Maßnahmen,
  • CO2-negative Baustoffe (Carbon Capture and Utilization, CCU).«
    CDR Mare

Die Forschung rund um die CO2-Entfernung im Meer wird in Zusammenarbeit mit der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) vorangetrieben. Auf der BMBF-Seite heißt es dazu: »Die Forschungsmission ›Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung‹ wurde von der DAM initiiert – insgesamt sechs Verbundprojekte wurden für die Mission ausgewählt. Die DAM ist ein Zusammenschluss aller deutschen maritimen Forschungseinrichtungen4. Die Projekte nahmen am 1. August 2021 ihre Arbeit auf und laufen insgesamt 3 Jahre.

Einen Schwerpunkt der Forschungsmission bildet die Entwicklung innovativer Technologien zur CO2-Speicherung in der ozeanischen Erdkruste und anderen geologischen Formationen (GEOSTOR und AIMS3). Zudem werden verschiedene Formen der biologischen Kohlenstoffaufnahme aus der Atmosphäre untersucht. Dies betrifft küstennahe Meeresgebiete mit Seegraswiesen, Salzwiesen, Makroalgen und Mangrovenwäldern (sea4soCiety), aber auch den offenen Ozean, in dem durch künstlichen Auftrieb das Wachstum pflanzlichen Planktons gesteigert werden kann (TestArtUp), wodurch ebenfalls die CO2-Aufnahme erhöht wird. Darüber hinaus untersucht ein Forscherteam (RETAKE), ob und in welcher Form die Alkalinitätserhöhung des Meeres ein wirksames Verfahren sein kann, um der Atmosphäre große Mengen Kohlendioxid auf umweltverträgliche und gesellschaftlich verantwortbare Weise zu entziehen.«5

Details

Seiten
160
Erscheinungsjahr
2025
ISBN (ePUB)
9783961703913
ISBN (PDF)
9783961706914
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2025 (Januar)
Schlagworte
technik klima chancen risiken illusionen marxistische blätter

Autor

  • Lothar Geisler (Leitende:r Herausgeber:in)

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Titel: Mit Technik das Klima retten? Chancen – Risiken – Illusionen